Russen planen bemannte Forschungsstation auf dem Mond

Die erste Phase der Mondforschung soll 2015 beginnen und acht Jahre später die Forschungsstation entstehen. Das Projekt werde der angeschlagenen Raumfahrt der einstigen Weltraummacht neu Impulse geben, hofft der russische Vizepremier Dmitri Rogosin.

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Der für die Rüstungsindustrie zuständige russische Vizepremier Dmitri Rogosin möchte auf dem Mond eine Forschungsstation bauen. "Ich würde vorschlagen, eine große Aufgabe zu lösen. Eine solche Aufgabe könnte der Bau einer Mondstation sein", sagte Rogosin am Dienstag in einer Live-Sendung des Radios Westi FM.

Zwischen den Ländern herrsche in der Raumfahrt ein großer Wettbewerb und man könne mit diesem großen Ziel die Probleme loswerden, die Russland seit 20 Jahren plagten, erklärte Rogosin. Man habe gelernt, im All im Rahmen der Internationalen Raumstation unter den Bedingungen der fehlenden Gravitation zu arbeiten. "Warum kann man nicht versuchen, unter den Bedingungen geringer Gravitation zu arbeiten? Das ist eine große, angesehene und politische Aufgabe", sagte Rogosin weiter.

Dmitri Rogosin hofft, dass das nächste Projekt zum Bau einer internationalen Raumstation auf einem anderen Planeten und nicht auf der Erdbahn umgesetzt werden könne. Der Redakteur und Kommentator der Zeitschrift "Nowosti Kosmonawtiki" ("Kosmonauten-Nachrichten", Igor Lissow, sagte seinerseits, dass die Einrichtung einer Station auf dem Mond im gegebenen Fall die beste Variante sei, da der Flug zum Mars zu weit und teuer sei. Deshalb müsse man realistische Ziele setzen.

Der Mond aus Sicht des Lunar Reconnaissance Orbiter

(Bild: NASA/GSFC/Arizona State University)

Russland soll nach den Vorstellungen von Vizeregierungchef Rosogin seine verlorenen Positionen als Weltraummacht zurückgewinnen. Die erste Phase der Mondforschung soll 2015 beginnen. Russland könne mit zwei Raumsonden (Luna-Resurs und Luna-Glob) den Mond erforschen. In der zweiten Phase würden zwei neue Rover auf eine fünf Jahre dauernde Forschungsmission auf den Polargebieten des Mondes geschickt. Die Forschungsfahrzeuge könnten sich bis zu 30 Kilometern vom Landepunkt entfernen. Nach 2023 soll eine bemannte Forschungsstation auf dem Mond entstehen.

Seit dem vergangenen Jahr hat es in Russland diverse Weltraum-Fehlstarts gegeben. Es gingen mehrere Satelliten aber auch die wichtige Mondsonde Phobos-Grunt verloren, wobei fünf Milliarden Rubel (etwa 125 Millionen Euro) auf einen Schlag vernichtet wurden. Trotz eines Führungswechsels bei der Raumfahrtbehörde Roskosmos gingen die Pannen weiter: Am 7. August verfehlten zwei Satelliten, die mit einer Proton-Rakete ins All geschickt wurden, ihre Umlaufbahnen. Gestern verkündete die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos den Rückruf einer Partie des Antriebssystems Breeze, dessen Mängel für den Absturz der Trägerrakete Proton-M mit zwei Satelliten im August verantwortlich zeichneten.

In einer Beratung am vergangenen Montag hatte Russlands Premierminister und früherer Präsident Dmitri Medwedew von einer "Schande" gesprochen, weil in den vergangenen anderthalb Jahren insgesamt sechs Weltraumstarts fehlgeschlagen seien. Die Ausgaben für die Entwicklung der russischen Forschungstechnik werden sich in den kommenden Jahren auf 670 Milliarden Rubel (etwa 16,5 Milliarden Euro) belaufen. "Das ist eine beträchtliche Summe. Wir können nicht zulassen, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Fenster geworfen wird", warnte Medwedew.

Rogosin versprach in dem Interview, das Mondforschungsprogramm streng zu überwachen. Seinen Worten nach müssen die Führungskräfte in der Weltraumforschung auf den Prüfstand gestellt werden. Das Personalkarussell dreht sich bereits: Neben Nesterow, Chef des Chrunitschew-Zentrums, mussten auch mehrere zuständige Mitarbeiter eines Ablegers des Zentrums in Omsk gehen. Nach Ansicht von Experten wie dem Direktor des Zentrums für Analyse des internationalen Waffenhandels, Igor Korotschenko, steckt hinter der russischen Raumfahrt-Misere eine Systemkrise, die nicht allein durch personelle Umbesetzungen gelöst werden könne. Auch Dmitri Absalow vom Zentrum für politische Konjunktur glaubt, dass nicht umbesetzt, sondern ausgebildet werden müsse: "Es müssen neue Führungskräfte ausgebildet werden, das Durchschnittsalter der heutigen liegt bei 60 Jahren." Zudem sei dringend Kontrolle über die Qualität der Ausrüstungen und die Verwendung der Finanzmittel erforderlich. (mit Material der Agentur Ria Nowosti) / (uk)