Unmut und Erheiterung über iOS-6-Maps

Nach Veröffentlichung von iOS 6 hagelt es Kritik an Apples neuem Kartenmaterial. Der irische Justizminister fürchtet gar, dass Piloten auf einer Farm notlanden, die in der Maps-App fälschlich als Flughafen ausgewiesen ist.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Leo Becker

Seit der Veröffentlichung am Mittwochabend häuft sich die Kritik an einer der prominentesten Neuerungen in iOS 6: Nach über fünf Jahren setzt die integrierte Maps-App nicht mehr auf Googles bekanntes Kartenmaterial. Während sich manche Nutzer über Neuerungen wie die integrierte Turn-by-Turn-Navigation und Flyover freuen – entsprechende Hardware und Länder-Abdeckung natürlich vorausgesetzt –, geht die Umstellung auch mit einigen Funktionsverlusten einher.

Hierzulande fällt Googles Street View weg, an anderen Orten fehlen plötzlich auch Verkehrsinformationen und Angaben zum öffentlichen Nahverkehr – dafür setzt Apple nun auf Dritt-Apps. Der iPhone-Hersteller hat längst eine lange Liste mit den jeweils unterstützten Funktionen und Ländern der neuen Maps-App veröffentlicht. Nach einer Zählung von Michael DeGusta fallen in über 60 Ländern verschiedene Funktionen weg, die Google Maps in iOS bislang bereithielt.

Die Warschauer Straße in Schöneiche verwundert auch Siri

Mit dem Millionenpublikum, das die Karten der eigenen Umgebung nun aufmerksam durchkämmt, tauchen zahlreiche Fehleinträge und Unzulänglichkeiten in Apples Kartenmaterial auf. So fügt die Maps-App derzeit immer noch etlichen Orten in Berlin den Zusatz "Schöneiche bei Berlin" hinzu – selbst Siri hat damit zu kämpfen und fragt beim Aufruf mancher Adresse nach. Das Problem tritt nur in der deutschsprachigen Version von iOS auf. Andernorts stolpern Nutzer über einen Bahnhof in Helsinki, den die Maps-App kurzerhand zum Park erklärt und einen erheblich geschrumpften Sears Tower in Chicago. Nutzer können in der Detailansicht zu Orten oder bei gesetzter Stecknadel Karten-Unstimmigkeiten direkt an Apple melden.

Die als Flugplatz deklarierte Farm "Airfield"

Eine in einem Vorort Dublins gelegene Farm mit dem Namen “Airfield” ist in der Maps-App mit einem Flughafen-Symbol gekennzeichnet – zum Entsetzen des irischen Justizministers. Dieser beschwor gegenüber der irischen Tageszeitung Independent, dies sei "in gefährlichem Maße irreführend" und könne dazu führen, dass Piloten in einer Ausnahmesituation dort notlanden. Andere Nutzer nehmen die Fehleinträge weniger schwer als der Justizminister – längst sammeln sich skurrile Funde in einem Tumblr-Blog mit dem Titel The Amazing iOS 6 Maps. Auf weniger Begeisterung stößt allerdings, dass die Suchfunktion der Karten-App eine geringere Flexibilität zeigt als die von Google und Apples Ortsdatenbank noch deutlich knapper bestückt ist.

In der Betaphase von iOS 6 hatte Apple stets betont, dass sich das Kartenmaterial "kontinuierlich weiterentwickle" und das hat es Entwicklerberichten zufolge in den letzten drei Monaten bereits mit großen Schritten getan – die Arbeit dürfte ebenso intensiv weiter vorangetrieben werden. Dass Apples junger Kartendienst dem Platzhirschen Google Maps in vielen Punkten vorerst nicht das Wasser reichen kann, dürfte kaum verwundern, Google arbeitet seit vielen Jahren intensiv und mit hohem Aufwand am Ausbau des eigenen Kartenangebotes.

Als Notbehelf bleibt iOS-6-Nutzern weiterhin der Griff zu Google Maps im Browser, allerdings auch dort ohne Street View und mit eher geringem Komfort. Der Such-Konzern äußert sich weiterhin nicht konkret dazu, ob eine native Google-Maps-App für iOS überhaupt geplant oder bereits in Arbeit ist. Gegenüber Search Engine Land erklärte das Unternehmen lediglich vage, man wolle Google Maps allen Nutzern bereitstellen, egal welches Gerät, Betriebssystem oder welchen Browser diese nutzen. (lbe)