Facebook lenkt bei Gesichtserkennung ein

Die Gesichtserkennung bei Facebook hat die nicht nur die deutschen Datenschützer auf die Barrikaden getrieben. Jetzt lenkt das weltgrößte Online-Netzwerk nach Verhandlungen mit irischen Datenschützern ein: Die Funktion wurde in Europa deaktiviert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 61 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Facebook stoppt nach Kritik von Datenschützern die umstrittene Gesichtserkennungs-Funktion in Europa. Das Online-Netzwerk erklärte sich bereit, bis zum 15. Oktober alle bisher dafür erstellten Nutzerprofile zu löschen, wie die irische Datenschutzbehörde am Freitag mitteilte. Die Funktion sei bereits für alle neuen Nutzer in der Europäischen Union abgeschaltet worden und werde jetzt komplett auf Eis gelegt. "Wir glauben weiter, dass man Gesichtserkennung in Europa legal anbieten kann", betonte danach Facebook-Europachef Richard Allan im Gespräch mit der dpa. Er nannte keinen Zeitrahmen, wann die Funktion wieder eingeführt werden könnte.

Die automatische Gesichtserkennung soll nach der Vorstellung von Facebook den Nutzern helfen, ihre Freunde in Fotos zu finden und zu markieren. Unter anderem der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar hatte aber kritisiert, eine Datenbank mit dem "Gesichtsabdruck" von Millionen Mitgliedern habe ein immenses Risiko- und Missbrauchspotenzial. Er forderte, dass Nutzer ausdrücklich um ihre Zustimmung zur Freischaltung der Funktion gefragt werden müssten und hatte ein Verfahren gegen das soziale Netzwerk eingeleitet. Als Facebook im Juni 2011 die Gesichtserkennung in Deutschland einführte, war sie standardmäßig eingeschaltet und musste erst in den Einstellungen abgewählt werden.

Facebook hatte in den vergangenen Monaten immer wieder betont, die Fotomarkierungs-Funktion sei aus Sicht des Netzwerks vollkommen konform mit den europäischen Datenschutzbestimmungen. Die irischen Datenschutzbehörde verlangte aber nach Konsultationen mit ihren Kollegen in anderen Ländern Änderungen an dem Verfahren. "Die irischen Datenschützer haben betont, dass sie nicht glauben, dass wir etwas Illegales getan haben", schränkte Facebook-Europachef Allan ein. Zugleich hätten sie aber mit Nachdruck ein Verfahren empfohlen, bei dem Nutzer der Funktion zustimmen müssen. Facebook habe sich daher für einen kompletten Neustart mit der Löschung aller bisheriger Gesichtsmuster entschieden, um für klare Verhältnisse zu sorgen.

Facebook hat die Funktion zum Gesichterabgleich für europäische Nutzer deaktiviert.

Die irische Datenschutzbehörde ist für die Kontrolle von Facebook in Europa zuständig, weil der US-Konzern in dem Land sein europäisches Hauptquartier angesiedelt hat. Sie legte am Freitag den aktuellen, fast 200 Seiten starken Prüfbericht (PDF-Datei) vor. Die Datenschützer zeigten sich weitgehend zufrieden damit, wie ihre Empfehlungen von Dezember 2011 umgesetzt wurden, beispielsweise durch eine erhöhte Transparenz, bessere Kontrollmöglichkeiten bei den Einstellungen und klare Fristen für die Löschung von Daten.

Nach wie vor müsse Facebook aber in einigen Punkten nacharbeiten. Genannt wurde dabei unter unter anderem die Datenschutz-Informationen für neue Nutzer, die vollständige Löschung von Accounts sowie das Werbetargeting, das sich nicht auf datenschutzrelevante Kategorien beziehen dürfe. Für die noch offenen Fragen haben die Datenschützer eine Frist von vier Wochen gesetzt, in der zufriedenstellende Lösung erreicht werden sollen.

Facebook werde dazu in den kommenden Wochen Vorschläge vorlegen und die Einhaltung bereits bestehende Regelungen demonstrieren, kündigte Allan an. Der Europachef hob das insgesamt positive Fazit der irischen Datenschützer hervor: "Wir sind sehr zufrieden mit den erzielten Fortschritten." Das zeige auch, dass es der richtige Weg sei, vor allem zentral mit der Datenschützbehörde am europäischen Sitz des Unternehmens zu kommunizieren.

Das Bundesverbraucherschutzministerium sprach am Freitag von einem Erfolg für den Verbraucherschutz: "Dass Facebook unter massivem Druck der europäischen Datenschutzbehörden seine Praxis ändert, belegt, dass es bereits nach geltendem Recht Möglichkeiten gibt, auch die globalen Player zur Einhaltung des Rechts zu verpflichten."

Der Facebook-Entscheidung, bei der Gesichtserkennung "die Uhr neu zu starten", seien monatelange intensive Gespräche zum Teil bis tief in die Nacht vorausgegangen, sagte der Vize-Chef der irischen Behörde, Gary Davis. Aus seiner Sicht sind nun alle Probleme mit der Funktion ausgeräumt.

Weniger zufrieden zeigte sich die Wiener Studenten-Initiative "Europe-v-Facebook". Offenbar bleibe für Facebook der Bruch bestehender Datenschutz-Gesetze ohne wirkliche Konsequenzen, bedauerte die Inititiave um Max Schrems in einer ersten Stellungnahme (PDF-Datei). Dennoch sei es begrüßenswert, dass die Gesichtserkennung nun praktisch "tot" sei. (Mit Material von dpa) / (axk)