Wayland-Prototyp zur Darstellung entfernt laufender Software

Wayland-Gründer und Hauptentwickler Kristian Høgsberg hat den Prototyp einer Weston-Erweiterung vorgeführt, durch die der Wayland-Compositor auf einem anderen System laufende Software anzeigen kann.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Der im unteren Bildbereich im Fenster laufende Display-Server leitet das Terminal-Fenster an den Haupt-Display-Server weiter.

(Bild: YouTube-Screenshot )

Wayland-Hauptentwickler Kristian Høgsberg hat eine Erweiterung für den Wayland-Compositor Weston vorgeführt, durch die ein lokal laufender Weston einzelne Fenster eines Weston anzeigen kann, der auf einem anderen System läuft. Bei der Wayland Display Server Architecture fällt solch eine Aufgabe in den Bereich des als Display-Server arbeitenden Compositors, weil Wayland selbst kein Render-API bietet, sondern vorwiegend Funktionen zur Darstellung von Bitmaps zur Verfügung stellt. Bei der Remote-Display-Lösung für Weston werden daher keine Zeichnenkommandos über das Netz transportiert; vielmehr werden das komplette Bild und die jeweils aktualisierten Bildbereiche übertragen, die der lokale Weston lediglich darstellen muss.

Die fehlende Netzwerktransparenz der Wayland-Architektur ist einer der Kritikpunkte an dem designierten X11-Erben, da viele Anwender diese Funktion bei X11 schätzen. Den Weston-Prototyp zur Darstellung von Fenstern übers Netz hat Høgsberg vergangene Woche in einem Vortrag auf der diesjährigen X.Org Developer Conference gezeigt, von der es eine Video-Aufzeichnung gibt; Erklärung und die von einem Weston-Absturz begleitete Demonstration beginnen bei Zeitcode 1:11:50:

In seinem Vortrag gibt Høgsberg zudem einen Kurzüberblick über die Wayland-Architektur und erklärt, wie die beschleunigte Video-Ausgabe mit Wayland funktioniert. Zudem erläutert er den Stand bei der Entwicklung von Xwayland, mit dem sich X11-Anwendungen unter einem Wayland-Compositor wie Weston ausführen lassen; Teile dieser Beschreibung befinden sich in der zweiten Hälfte der Videoaufzeichnung des letzten Vortragsdrittels.

Høgsberg bestätigt abermals, dass Wayland 1.0 in den nächsten Wochen erscheinen soll. Mit diesem Release wird das Wayland-Ökosystem aber noch nicht ausgereift genug sein, um X11 bei Mainstream-Distributionen abzulösen. Vielmehr ist die Version 1.0 hauptsächlich als Punkt gedacht, ab dem sich die Programmierschnittstellen nicht mehr auf inkompatible Weise ändern sollen, damit Entwickler von Compositoren und Grafikbibliotheken wie EFL, GTK+ und Qt eine stabile Basis für ihre Software haben.

c't 22/2012 (ab 8.10. am Kiosk) wird einen Artikel zur Wayland-Architektur und deren Entwicklungsstand bringen. Bei den Vorabversionen von Fedora 18 und Ubuntu 12.10 sind die aktuellen Versionen 0.95 von Wayland und Weston bereits über die Paket-Depots nachrüstbar. Der Entwickler des Compositing Window Manager Kwin des KDE-Desktops hat kürzlich in einem Blog-Eintrag erläutert, was alles noch nötig ist, bis KDE als Wayland-Client und Kwin als Wayland-Compositor arbeiten können. Einen Zeitplan dafür gibt es allerdings nicht, weil der Umstieg auf Wayland erst mit der Portierung von KDE auf das in Kürze erwartete Qt5-Tookit erfolgen wird, das Wayland unterstützt.

Auf der X.Org Developer Conference wurden auch noch viele anderen für die Grafikausgabe von Linux-Systemen wichtige Aspekte diskutiert – darunter noch vage Überlegungen zu einer Direct Rendering Infrastructure 3 (DRI3), welche die derzeit aktuelle DRI2 ersetzen könnte. Details dazu finden sich in den Proceedings der Konferenz, die auf Videoaufzeichnungen vieler Vorträge und Diskussionen verweisen. Der X-Server 1.14 von X.org ist demnach grob für den 5. März 2013 geplant und soll atomares Einstellen des Bildschirmauflösung (Atomic Modesetting) mit KMS und nach Möglichkeit Xwayland bringen.

Siehe dazu auch:

(thl)