"Planung ist die eine Hälfte, Anpassungsfähigkeit die andere"
Übermäßiges Planen ist nicht zielführend, wie nicht zuletzt das Scheitern der Planwirtschaft offenbart hat. Besser ist eine pragmatische Herangehensweise: Das heißt, der Planung nicht immer stoisch zu folgen, sondern oft situativ zu entscheiden.
Hansjörg Egger, CEO der COMPAREX AG.
(Bild: Comparex)
Lieber Herr Sicking,
herzlichen Dank für Ihren Glückwunsch zu meiner neuen Position als CEO der COMPAREX AG. Es ist mir eine Freude, Ihnen meine ganz persönliche Sichtweise auf die zitierten Managementtheorien nahe zu bringen.
Sie schreiben über die Planbarkeit im Management eines großen Unternehmens. Das ist wahrlich ein kontrovers diskutiertes Thema, zu dem es mindestens so viele Bücher wie Ansichten gibt. Sie fragen, ob Planung vielfach überschätzt wird. Da kann ich nur wie der berühmte Radiosprecher antworten: Es kommt darauf an. Ohne Umsetzung ist ein Plan jedenfalls nicht viel wert. Ob man allerdings völlig planlos arbeiten kann, bezweifle ich. Nicht umsonst sagt die Jugend "Der hat wohl keinen Plan" zu einem wenig zielstrebigen oder schlecht orientierten Menschen.
Das Management im Sinne der "Effectuation"-Lehre dürfte – wie viele extreme Lehren – sicher seine Vorzüge haben und diese vor allem als Zutat zu einem umfassenden 'Plan' ausspielen. Sie finden möglicherweise ein gewisses kreatives Chaos so anregend wie die meisten Menschen, wünschen sich aber ebenso wie ich, dass die öffentlichen Verkehrsmittel ihre (Fahr-)Pläne einhalten. Sie sehen: es kommt eben darauf an.
Ich selbst habe mehr als 30 Jahre Management- und Vertriebserfahrung im ITK-Umfeld gesammelt und viele Jahre als Chief Operating Officer gearbeitet. Daher weiß ich, dass Umsetzungsstärke und eine pragmatische Herangehensweise mir immer ein gutes Erfolgsrezept waren. Das heißt, man kann in der Praxis der Planung nicht immer stoisch folgen und muss oft situativ entscheiden. Für mich gibt es daher beim Thema Planung kein Schwarz und Weiß.
Für ein IT-Systemhaus wie COMPAREX mit knapp 2000 Mitarbeitern in 28 Ländern ist es wichtig, eine Unternehmensstrategie vorzugeben. Denn Planung ist das Mittel, um Ziele mit Mitarbeitern (Managern), Herstellern und Kunden zu vereinbaren. Es ist die Basis für variable Gehaltsvereinbarungen, für die Erreichung von Meilensteinen in großen IT-Projekten und für die Bewertung von Kundenerfolgen. Sie brauchen also ein Steuerungsinstrument mit Zielgrößen, um Erfolg messen zu können, aber auch um laufende Entwicklungen und Abweichungen überhaupt zu erkennen. Sie müssen die wichtigsten KPI und den Markt ständig beobachten, um schnell entscheiden zu können.
Zugleich muss man sich bewusst machen, dass ein Unternehmen wie ein lebender Organismus ist. Es ändert sich ständig und es muss sich – gerade in unserem dynamischen IT-Marktumfeld – ständig weiter entwickeln. Eines ist ganz klar: Ein Unternehmen wie die COMPAREX AG muss sich flexibel an die ständig ändernden Marktbedingungen anpassen. Sonst hat es langfristig keine Überlebenschance im wettbewerbsintensiven globalen Markt.
Wir sollten alle längst erkannt haben, dass übermäßiges Planen nicht zielführend ist. Das hat nicht zuletzt das Scheitern der Planwirtschaft offenbart. Ein zu starres Festhalten an Plangrößen erstickt jede Kreativität und Eigenverantwortung. Es ist daher die hohe Kunst der modernen Unternehmensführung, eine sorgfältig geplante Strategie mit Augenmaß zu verfolgen und bei Bedarf nachzujustieren. Dabei ist es unerlässlich, Raum für Änderungen und Flexibilität zuzulassen. So entsteht Innovation, die der Markt und letztlich die Kunden fordern.
Ich bin davon überzeugt, dass der richtige Weg – wie so oft im Leben – in der goldenen Mitte liegt: Also eine klare Strategie mit Zielen entwickeln, aber die Umsetzung anhand von Zielgrößen laufend genau beobachten. Dazu gibt es inzwischen ideale Management-Tools mit übersichtlichen Dashboards. Auf dieser Basis kann man schnell reagieren und umdisponieren, wenn es erforderlich ist. Es ist wie mit dem Würzen eines guten Gerichts: Zuviel Salz im Essen ist tödlich, aber eine Prise Salz gehört sogar in einen guten Kuchen.
Es grüßt Sie herzlich,
Hansjörg Egger
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