Musikindustrie verliert Prozess um MP3-Links

Die europäische Musikindustrie ist mit ihrem ersten Versuch gescheitert, ein Exempel gegen die illegale Verbreitung von Musik im Internet zu statuieren.

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Von
  • Thomas Borchert

Die europäische Musikindustrie ist mit ihrem ersten Versuch gescheitert, vor Gericht ein Exempel gegen die illegale Verbreitung von Musik im Internet zu statuieren. Wie "Svenska Dagbladet" am Donnerstag meldete, sprach das Amtsgericht in Skövde den 17-jährigen Johan völlig überraschend von dem Vorwurf frei, auf seiner Homepage durch Anbieten von Raubkopien im MP3-Format das Urheberrecht der Musiker und die Rechte ihrer Plattengesellschaften verletzt zu haben. Das Gericht begründete den Freispruch damit, dass der 17-Jährige niemals selbst Musik ins Netz gestellt, sondern nur Verbindungen zu anderen Links mit Musik angegeben habe.

Die europäische Branchenorganisation IFPI der Musikindustrie hatte mit dem Prozess in Schweden erstmals einen Anlauf genommen, per Anzeige und danach geplanten Schadensersatzforderungen die illegale Verbreitung von Musik im Internet zu stoppen. Juristische Experten in Schweden hatten eine Verurteilung von Johan wegen Verletzung des Urheberrechts mit einem verhältnismäßig niedrigen Bußgeld erwartet, weil der Angeklagte noch zur Schule geht und kein Einkommen hat. Anschließend wäre aber ein zivilrechtliches Verfahren mit Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe auf ihn zugekommen.

Der 17-jährige hatte selbst berichtet, dass er die Links zu MP3-Dateien nur auf seine Homepage gesetzt habe, weil sie damit hohe Besucherzahlen erreichte. Er hatte keinerlei kommerzielle Interessen und betrachtete das Laden von Musik in MP3-Dateien als "völlig normal, weil ja alle es tun". Sein Vater erklärte, für ihn seien die Aktivitäten des Sohnes dasselbe wie früher das Kopieren von Musik auf Tonband.

Die schwedische Abteilung von IFPI begründete ihre Klage gegen den jungen Mann aus Skövde damit, dass Johan mehrere Mahnungen unbeachtet gelassen habe. "Wir wollten zeigen, dass es uns ernst ist mit dem Kampf gegen die Piraten", meinte IFPI-Jurist Magnus Martensson.

Mit dem Freispruch erfüllte sich auch der Wunsch Johans nach Rückgabe seiner von der Polizei beschlagnahmten Festplatte. Er will jetzt seine Homepage komplett in Richtung Fußball umbauen. Statt MP3-Links finden sich dort dann nur noch ganz legal Tabellen, Statistiken und Fußballer-Lebensläufe. (Thomas Borchert) (cp)