Roboterleistungsschau Elrob: Missgeschicke und Fortschritte

Die bewältigte Strecke, die Häufigkeit manueller Eingriffe oder die Zahl lokalisierter Objekte waren unter anderem Kritierien, um die Roboter während des European Land-robot Trial zu beurteilen.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Bei der Roboterleistungsschau Elrob werden ausdrücklich keine Gewinner ermittelt, sondern lediglich die Leistungen der einzelnen Teams tabellarisch aufgelistet, etwa die bewältigte Strecke, die Häufigkeit manueller Eingriffe oder die Zahl lokalisierter Objekte. Dennoch werden von der Jury vier Preise vergeben. Die diesjährigen Preisträger sind: Telerob (Best Scenario), Robotics Inventions (Best Scientific Solution), Artor (Best Creative Solution) und Rescue Isty (Best Team Effort).

Elrob 2012 Tag 4 (6 Bilder)

Mule

Beim Szenario "Mule" am letzten Tag der Elrob, sollte der Roboter (hier vom Team Marble vom Laboratoire d'Analyse et d'Architecture des Systèmes in Toulouse) einem Menschen folgen und danach den Weg möglichst oft autonom hin und her fahren. Leider reflektierten die Verkehrsschilder die Signale des Laserscanners stärker als die Weste der Führungsperson. (Bild: Hans-Arthur Marsiske / heise online)

Das Team der Firma Telerob, das mit dem Roboter Telemax seit 2006 an jeder Elrob teilgenommen hat, zeigte tatsächlich eine kontinuierlich gute Leistung. Auch in Dunkelheit bei strömendem Regen konnten am vorletzten Wettbewerbstag mithilfe des Roboters innerhalb von 45 Minuten vier der fünf in einem Waldgebiet versteckten Schilder gefunden werden. Einmal musste der Telemax nach einem Sturz von Hand wieder aufgerichtet werden, doch mit solchen Missgeschicken hatten alle Teams zu kämpfen. Einsatzreif für die geforderten Aufgaben Aufklärung und Transport ist derzeit keines der Systeme, die bei der Elrob zu sehen waren.

Aber es gibt Fortschritte. Am beeindruckendsten war das Team der Firma Robotics Inventions aus Polen, das mit seinem Roboter RI Spirit die Messlatte für autonome Systeme etwas höher legte. Sowohl bei der Durchsuchung des Waldstücks am Tage als auch bei der Fahrt durch hügeliges Gelände fand der Roboter autonom jeweils ein Schild. Leider war das Team am letzten Tag vorzeitig abgereist, sodass sich das Gerücht, eine Mitarbeiterin des Teams hätte die Hindernisvermeidung des Roboters innerhalb von drei Monaten programmiert, nicht mehr bestätigen ließ. Es erscheint aber plausibel, da der Roboter das Open-Source-Betriebssystem ROS (Robot Operating System) verwendet, das die Robotikentwicklung in letzter Zeit sehr in Schwung gebracht hat und viele Programmmodule zur Verfügung stellt. Im nächsten Jahr will Robotics Inventions mit einem Team von fünf Robotern antreten und könnte dann wieder für Überraschungen sorgen.

Das Team Artor (Autonomous Rough Terrain Outdoor Robot) ist eine Kooperation von ETH Zürich, RUAG Defence und armasuisse W+T. Auch dieses Team hatte nur wenige Monate für die Vorbereitung zur Verfügung, verwendet aber ebenfalls ROS. Henrik Christensen, der Vorsitzende der Jury, hob bei der Preisverleihung aber insbesondere das Hardwaredesign hervor, etwa die ungewöhnliche Radaufhängung des sechsrädrigen Fahrzeugs, bei dem immer zwei Räder in der Luft hängen, oder die Positionierung der Sensoren. Trotz durchgeschmorter Kabel und anderer Probleme erwiesen sich diese Ansätze als vielversprechend genug, um mit der Preisvergabe zur Weiterverfolgung zu ermuntern.

Mit Problemen hatten alle Teams zu kämpfen. Rescue Isty von der Université de Versailles ließ sich von Systemabstürzen und vorzeitig abgebrochenen Fahrten aber nicht entmutigen und nutzte jede Gelegenheit, den Roboter erneut zu testen. Auch dieser Preis ist verdient.

Bisher fand die Elrob im jährlichen Wechsel mit militärischer und ziviler Ausrichtung statt. Ab 2013 wird die zivile Elrob jedoch in einem neuen, mit EU-Forschungsgeldern geförderten Wettbewerb aufgehen, der erstmals im September 2013 in Berchtesgaden stattfindet.

Wie es mit der militärischen Elrob weitergeht, ist derzeit noch offen. Bei Besuchern und Veranstaltern war deutliches Interesse zu erkennen, die Veranstaltung im Zwei-Jahres-Rhythmus fortzusetzen. Es dürfte aber noch schwierige Diskussionen erfordern, sich auf geeignete Veranstaltungsorte dafür zu einigen. Der Waffenplatz der Dufour-Kaserne in Thun hat sich in diesem Jahr vor allem durch das vielfältige Übungsgelände und die fantastische Gebirgsumgebung empfohlen. Verbesserungsbedarf gibt es jedoch bei der Organisation. Besucher aus Singapur, die sich hier Anregungen für ihren eigenen Wettbewerb TechX Challenge holen wollten, beklagten insbesondere, dass der Kontakt zu den Teams durch die großen Entfernungen zwischen der Vorbereitungshalle und den Wettbewerbsorten sehr erschwert war. Es gab kein klares Veranstaltungszentrum, das den Besuchern als Anlaufstelle hätte dienen können, keine Erläuterungen für die Zuschauer, kaum Orientierungshilfen und um Verpflegung musste sich jeder selbst kümmern.

Die verunglückte Eröffnungsveranstaltung mag dagegen letztlich von Vorteil gewesen sein. Eigentlich war ein „Dynamic Display“ vorgesehen gewesen, bei dem Teams vor einer Tribüne ihre Roboter hätten vorführen können. Allerdings fehlte zunächst eine Lautsprecheranlage, um den Zuschauern die Systeme zu erläutern. Später wurde die Veranstaltung wegen drohenden schlechten Wetters abgebrochen. Das war gut so. Denn der Sinn der Elrob ist es, Roboter realistischen Bewährungsproben zu unterwerfen. Gerade hochrangige Besucher mit Entscheidungskompetenzen besuchen aber zumeist nur die Eröffnung mit den inszenierten Vorführungen und bekommen dadurch völlig verzerrte Vorstellungen von der Leistungsfähigkeit der Technologie. Es könnte sinnvoller und wegweisender sein, zukünftig auf solche Showelemente zu verzichten und nach ein paar Eröffnungsreden gleich zu den richtigen Tests überzugehen. (jk)