Ziemlich überflüssig

Rund anderthalb Jahre nach Verabschiedung des gleichnamigen Gesetzes ist De-Mail auch für Privatkunden verfügbar. Doch wer braucht diesen Dienst eigentlich?

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jürgen Seeger

Am 9. Oktober war Weltposttag. Denn an diesem Datum wurde 1874 in Bern der Weltpostverein gegründet, und es ist ein von vielen Postbehörden gepflegter Brauch, zum 9. Oktober neue Dienstleistungen vorzustellen.

Nun soll es aber hier nicht um die angekündigte Briefportoerhöhung der Deutschen Post gehen. Denn erstens ist die Deutsche Post keine Behörde mehr, zweitens hat sie den neuen Preis von 0,58 Euro (wer denkt sich so einen Betrag aus?) schon lange vorher bekannt gegeben, und drittens sind Briefportohöhen kein Thema für iX.

Jedenfalls eigentlich nicht. Höchstens, wenn es um die Beurteilung der Chancen eines neuen digitalen Dienstes geht. Etwa von De-Mail, rund anderthalb Jahre nach Verabschiedung des gleichnamigen Gesetzes durch Angebote privater Provider seit September auch für Privatkunden verfügbar.

Damit sollen natürliche und juristische Personen rechtsverbindliche E-Mails versenden können. Genauer gesagt: ziemlich rechtsverbindliche E-Mails. Denn, wie auch das Bundesministerium des Innern jüngst noch einmal feststellte, eine De-Mail entspricht nur dann der Schriftformerfordernis nach § 126b BGB, wenn sie mit einer qualifizierten Signatur versehen ist. 1

Immerhin war angedacht, De-Mail als von den Finanzämtern anerkanntes Zustellmedium für Rechnungen einzusetzen. Doch seit eine EU-Vorschrift die Finanzämter davon abhält, für die Anerkennung digitaler Rechnungen zum Vorsteuerabzug eine qualifizierte Signatur zu fordern, hat sich dieses Argument für De-Mail erledigt.

Was bleibt, ist ein Dienst, der nach einem recht umständlichen Registrierungsprozess das Versenden ziemlich rechtsverbindlicher digitaler Nachrichten erlaubt – und natürlich nicht kostenlos ist. Die Einrichtung eines Firmenkunden-Kontos ist nicht unter 20 Euro pro Benutzer zu haben, hinzu kommen bei den meisten Providern monatliche Fixkosten. Für Privatkunden entfallen beide Posten, relativ ähnlich sind die Gebühren pro Nachricht: zwischen 0,33 und 0,49 Euro, wenn das Kontingent freier Mails verbraucht ist. Für Einschreiben, Versandbestätigungen, persönliche Zustellung und ähnliche Sonderleistungen gibt es Aufschläge.

Diese Preise mögen für die Anbieter gerade kostendeckend sein, attraktiv sind sie nicht. Die Ersparnis gegenüber der guten alten Snail-Mail wird sich auch künftig im Bereich weniger Eurocent halten. Ganz zu schweigen vom Fax. Das entspricht zwar auch nicht der Schriftformerfordernis des § 126b BGB, aber die Behörden erkennen ein gefaxtes Dokument als fristwahrend an und Firmen akzeptieren diesen Weg als schriftliche Bestellung.

Eine Firma ohne Faxgerät muss man mit der Lupe suchen, und auch in Privathaushalten sind Telekopierer seit dem Aufkommen von Multifunktionsgeräten (Drucker/Scanner/Fax) weit verbreitet.

Und um wieder auf die Portokosten zurückzukommen: Bei den heute üblichen Telefonie-Flatrates tendieren die für ein Fax gegen null.

Alle Links: www.ix.de/ix1211003

1 Das ändert sich eventuell mit dem für 2013 geplanten E-Government-Gesetz, siehe Seite 26 in iX 11/2012. (js)