Microsofts Geschäfte von Vista und Office beflügelt

Neue Rekorde bei Umsatz und Gewinn führt Microsoft auf das positive Anlaufen der Geschäfte mit den neuen Versionen von Windows und Office zurück; bei Online-Diensten und Spielkonsolen ist die Lage nicht so rosig.

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Von
  • Jürgen Kuri

Es war mal wieder ein Rekordquartal für Microsoft mit Umsatz- und Gewinnsteigerungen im zweistelligen Prozentbereich. Aber trotz der durch Vista und Office 2007 beflügelten Geschäfte im dritten Geschäftsquartal dürfte das Microsoft-Management nicht hundertprozentig glücklich sein. Denn es liegt wohl nicht nur an der Hartnäckigkeit der EU-Wettbewerbshüter, dass Microsoft den Ruf als Behemoth der IT-Branche nicht so recht los wird – wenn auch in diesem Bereich Google dem Softwarekonzern aus Redmond inzwischen eifrig Konkurrenz zu machen scheint. Aber Google eifert Microsoft nicht nur beim schlechten Ruf nach, den man in Teilen der Branche und der Community genießt: Der Suchmaschinenprimus kann mit seinen Internetaktivitäten immer wieder gegen die Versuche Microsofts punkten, bei Online-Diensten und -Services aufzuholen; und auch beim Aufkaufen von Firmen zur Ausweitung des Internet-Geschäftsmodells bringt Google Microsoft so manche Schlappe bei.

Immerhin betrachtet Microsoft die Internetdienste als einen seiner Zukunftsmärkte. Aber selbst im angestammten Bereich Microsofts, bei der Software für PCs, wildert Google absehbar – während Steve Ballmer immer wieder einmal davon redet, dass "Software as a Service" die IT-Landschaft verändern werde, ist Google dabei, mit seinen online zu nutzenden Anwendungen Microsoft auch hier etwas vorzumachen. So ist denn auch die Performance der Internetsparte einer der Bereiche, den die Beobachter bei der Vorlage der Bilanzen von Microsoft derzeit besonders genau unter die Lupe nehmen. Bei den Zahlen für das dritte Geschäftsquartal, das mit einem Umsatz von 14,4 Milliarden US-Dollar und einem Nettogewinn von 4,93 Milliarden US-Dollar wieder einmal alle Skeptiker Lügen strafte, fanden aber vor allem die Verkäufe von Vista Beachtung – war die neue Windows-Version doch über lange Quartale hinweg als Versprechen für weiteren Schwung in der Bilanz durch die Pressekonferenzen zur Vorstellung der Zahlen gegeistert.

Während im vorherigen Quartal die Verzögerung von Windows Vista noch zu Belastungen beim Gewinn führte, ist im abgelaufenen dritten Quartal davon nichts mehr zu merken. Der Umsatz kletterte im Jahresvergleich um geschlagene 32 Prozent, der Nettogewinn um 68 Prozent; Microsoft erreichte bei Umsatz und Gewinn im Quartal neue Rekordwerte. Der Gewinn pro Aktie im dritten Geschäftsquartal lag bei 50 US-Cent. Besonders interessieren dürfte die langjährigen Microsoft-Beobachter, dass der Konzern alleine 1,67 Milliarden US-Dollar an Umsatz, 1,14 Milliarden US-Dollar an Nettogewinn und 12 US-Cent Gewinn pro Aktie auf Verschiebungen aus dem zweiten Geschäftsquartal durch das so genannte "Technology Guarantee Program" für Windows Vista und Office 2007 zurückzuführen sind. Im Weihnachtsgeschäft hatte Microsoft Coupons für Office 2007 und Vista ausgegeben, die beim Kauf von Windows XP oder Office 2003 verbilligte Upgrades garantierten, egal, ob man die Software solo oder zusammen mit einem Komplett-PC erwarb. Die in Verbindung mit der Couponausgabe möglichen Umsätze werden erst verbucht, wenn Vista ausgeliefert wird und die Kunden die Coupons einlösen. Im zweiten Quartal prognostizierte Microsoft die ins gerade abgelaufene dritte Quartal verschobenen Umsätze durch das Programm noch mit 1,64 Milliarden US-Dollar.

So gibt sich denn Kevin Turner, Chief Operating Office bei Microsoft, denn auch begeistert: "Wir sind entzückt mit der positiven Kundenresonanz", erklärte er in Bezug auf Vista und Office 2007. Und Finanzchef Chris Liddell erwartet nun ein "sehr gutes Ende für dieses Geschäftsjahr" mit einer "Stärke, die im Geschäftsjahr 2008 anhält".

Aber nicht nur die eingelösten Coupons füllten Microsofts Kassen, auch sonst scheint das Geschäft mit Vista und Office 2007 sich für den Konzern erst einmal recht gut zu entwickeln. Die Sparte Client (alle Windows-Betriebssysteme für Desktop-Rechner) konnte im Jahresvergleich den Umsatz von 3,151 auf 5,272 Milliarden US-Dollar und den operativen Gewinn von 2,496 auf 4,244 Milliarden US-Dollar steigern. In der Microsoft Business Division (Office-Produkte sowie Firmenlösungen wie Great Plains und Navision) stieg der Umsatz von 3,609 auf 4,829 Milliarden US-Dollar, der operative Gewinn von 2,405 auf 3,421 Milliarden US-Dollar. Auch bei Server and Tools (Windows-Server, SQL-Server, Entwicklungswerkzeuge etc.) stieg der Umsatz von 2,396 auf 2,749 Milliarden US-Dollar, der operative Gewinn von 744 auf 979 Millionen US-Dollar.

Nicht ganz so rosig sieht es in der Sparte Online Services Business aus, unter anderem für Microsofts Live-Strategie zuständig und damit direkt etwa mit Google konkurrierend. Der Umsatz stieg hier zwar ebenfalls leicht von 562 auf 623 Millionen US-Dollar, dafür kletterte der Verlust aber rasant von 24 auf 200 Millionen US-Dollar. Und der Bereich Entertainment and Devices (die nach der neuen Konzernstruktur sowohl die Spielesparte als auch die Embedded Devices umfasst) musste einen Umsatzrückgang von 1,182 Milliarden auf 929 Millionen US-Dollar hinnehmen, konnte aber wenigstens die Verluste von 402 auf 315 Millionen US-Dollar etwas eindämmen. Eine Ursache für den Umsatzrückgang sind die Verkäufe der Xbox 360: Sie gingen um 21 Prozent zurück, wohl vor allem durch die verschärfte Konkurrenz von Nintendos Wii und das Erscheinen des dritten Mitspielers auf dem Markt der Next-Generation-Konsolen, der Playstation 3.

Für das laufende vierte Quartal des Geschäftsjahrs erwartet Microsoft nun einen Umsatz von 13,1 bis 13,4 Milliarden US-Dollar und einen Gewinn pro Aktie zwischen 37 und 39 US-Cent. Das Gesamtjahr beurteilt Microsoft nun optimistischer als noch im zweiten Quartal: Statt der damals prognostizierten 50,2 bis 50,7 Milliarden US-Dollar Umsatz und 1,45 bis 1,47 US-Dollar Gewinn je Aktie rechnet Microsoft nun mit 56,5 bis 57,5 Milliarden US-Dollar Umsatz bei einem Gewinn je Aktie von 1,68 bis 1,72 US-Dollar.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft in US-Dollar
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli)

Quartal Umsatz Nettogewinn
3/00 5.660 Mio. 2.390 Mio.
4/00 5.800 Mio. 2.410 Mio.
1/01 5.800 Mio. 2.200 Mio.
2/01 6.590 Mio. 2.620 Mio.
3/01 6.460 Mio. 2.450 Mio.
4/01 6.580 Mio. 66 Mio.
1/02 6.130 Mio. 1.280 Mio.
2/02 7.740 Mio. 2.280 Mio.
3/02 7.250 Mio. 2.740 Mio.
4/02 7.250 Mio. 1.530 Mio.
1/03 7.750 Mio. 2.730 Mio.
2/03 8.540 Mio. 2.550 Mio.
3/03 7.840 Mio. 2.790 Mio.
4/03 8.070 Mio. 1.920 Mio.*
1/04 8.220 Mio. 2.610 Mio.*
2/04 10.150 Mio. 1.550 Mio.*
3/04 9.180 Mio. 1.320 Mio.*
4/04 9.290 Mio. 2.690 Mio.
1/05 9.189 Mio. (2.901 Mio.)
2.530 Mio **
2/05 10.818 Mio. 3.463 Mio.
3/05 9.620 Mio. 2.563 Mio.
4/05 10.161 Mio. 3.700 Mio.
1/06 9.741 Mio. 3.141 Mio.
2/06 11.837 Mio. 3.653 Mio.
3/06 10.900 Mio. 2.977 Mio.
4/06 11.804 Mio. 2.828 Mio.
1/07 10.811 Mio. 3.478 Mio.
2/07 12.542 Mio. 2.626 Mio.
3/07 14.398 Mio. 4.926 Mio.
* Gewinne unter Bilanzierung der Umstellung auf das neue Aktienprogramm für Microsoft-Mitarbeiter
** nach nachträglichem Abzug der Sonderkosten durch die Einigung mit Novell
(jk)