Mangelhafter Datenschutz bei der Strafverfolgung

Zwölf Landesbeauftragte für Datenschutz beklagen eine "unerträgliche Verwässerung des Datenschutzes bei der Strafverfolgung".

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Von
  • Norbert Luckhardt

Die Datenschutzbeauftragten von zwölf Bundesländern beklagen eine "unerträgliche Verwässerung des Datenschutzes bei der Strafverfolgung". Jahrelang habe es der Gesetzgeber versäumt, für personenbezogene Informationen in Strafverfahren Datenschutzregelungen zu verabschieden. Mehrere Entwürfe eines Strafverfahrensänderungsgesetzes (StVÄG) sind am Widerstand der Länder gescheitert. Der von der Bundesregierung 1999 vorgelegte Gesetzesentwurf sei aus grundrechtlicher Sicht noch schlechter gewesen als seine Vorgänger. Die am 27. Januar 2000 im Bundestag verabschiedete Fassung enthält nach Meinung der Datenschützer nur an wenigen Stellen Korrekturen zu Gunsten des Persönlichkeitsschutzes von Beschuldigten und Zeugen, beispielsweise bei der Öffentlichkeitsfahndung.

Am Freitag, den 25. Februar 2000, soll der Bundesrat über den Entwurf beraten. Nach dem Vorstoß einiger Länder sollen dann nicht nur die wenigen Verbesserungen des Bundestagsbeschlusses rückgängig gemacht, sondern weitere Einschränkungen des Persönlichkeitsschutzes bei der Strafverfolgung festgeschrieben werden. Beispielsweise würde die Polizei Zeugen selbst bei Bagatelldelikten per Öffentlichkeitsfahndung (auch über Fernsehen oder Internet) suchen dürfen und nicht einmal nachträglich von der Staatsanwaltschaft kontrolliert werden. Die Erfordernis richterlicher Kontrolle werde als "bürokratischer Aufwand" abgetan. Außerdem sollen Erkenntnisse aus präventiven Lauschangriffen unabhängig von der Schwere des Delikts zur Strafverfolgung nutzbar sein. Unbeteiligte Privatleute könnten nach den Wünschen einiger Länder schon bei "berechtigtem Interesse" Akteneinsicht in sensible Strafverfahrensakten bekommen, öffentliche Stellen Informationen aus Strafverfahrensakten praktisch für alle Zwecke erhalten. Insgesamt werde "der verfassungsrechtlich gebotene Ausgleich zwischen Persönlichkeitsschutz und Interessen der Strafverfolgungsbehörden vollständig verfehlt".

Selbst der jetzige Entwurf geht den Datenschutzbeauftragten schon deutlich zu weit: Die Zweckbindung von Daten aus der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung werde nahezu vollständig aufgehoben, den Strafverfolgungsbehörden ein regelrechtes "Befugnis-Shopping" eröffnet. Verfahrensdaten sollen auch zur Verfolgung künftiger Straftaten in Dateien gespeichert werden dürfen; ein gemeinsamer Datenpool der Justizbehörden werde eingeführt, ohne dass klar ist, ob die Informationen für ihre konkreten Aufgaben wirklich erforderlich sind. Die bestehenden landespolizeirechtlichen Regelungen zur Wahrung der Zweckbindung und damit die Kompetenzen des Landesgesetzgebers würden damit unterlaufen. (nl)