CDU-Rechtspolitiker hält Leistungsschutzrecht für Mogelpackung

Für Siegfried Kauder, Vorsitzender des Rechtsausschuss des Bundestags, ist Entwurf zum besseren Verlegerschutz im Internet ein Taschenspielertrick. Es würden nur Gewinne von einem Konzern zu anderen übertragen.

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Siegfried Kauder, Vorsitzender des Rechtsausschusses des Bundestags, hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Leistungsschutzrecht für Online-Presseinhalte als "Taschenspielertrick" bezeichnet. Es sollten Gewinne eines Konzerns abgeschöpft und anderen zugeführt werden, was eigentlich nur über eine Art Google-Steuer ginge, erklärte der CDU-Politiker am Mittwoch auf einer Diskussion auf Einladung des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco. Eine solche "Mogelpackung" sei unzulässig. Da sei es noch besser, einen Solidaritätszuschlag für notleidende Verlage einzuführen.

Als Marktregulativ verspreche das Leistungsschutzrecht keinen Erfolg, meinte Kauder. Besser wäre es, wenn die Zeitungsverleger funktionierende Geschäftsmodelle entwickelten. Andererseits habe Schwarz-Gelb das Leistungsschutzrecht in der Koalitionsvereinbarung verbindlich festgeschrieben. Der Gesetzgeber müsse den Entwurf daher "in Ruhe prüfen". Dabei könnten sich verfassungsrechtliche Bedenken ergeben, dass es sich um ein auf Google bezogenes Einzelfallgesetz handele.

Justus Haucap von der Monopolkommission sieht mit dem Gesetzentwurf "die allergrößten Probleme" verknüpft. Die Politik müsse zunächst klar herausarbeiten, was das Schutzziel sei. Wenn die Tagespresse in ihrer heutigen Form erhalten und ein Strukturwandel vermieden werden solle, ginge dies wohl nur über Subventionen. Gehe es um die Sicherung der Meinungsvielfalt, sei dies im Internet eher nicht nötig. Stehe die Sorge um einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Vordergrund, seien dafür die Kartellbehörden da.

Er könne es zwar nachvollziehen, dass sich Verlage andere Geldtöpfe erschließen wollten – zum Beispiel da das Kleinanzeigengeschäft ins Internet abwandere – und dabei auf Google schielten, erläuterte Haucap. Der Suchmaschinenriese zeige auf seiner Nachrichtensuche nur gar keine Werbung an. Es könne aber etwas auf andere Geschäfte des Konzerns abfallen, da Google "nicht die Caritas ist". Voraussichtlich seien die Kalifornier jedoch nicht bereit, für die weitere Verlinkung von Presseartikeln mehr als einen "Preis von Null" zu zahlen. Sie trotzdem zum Auflisten zu verpflichten, um dann etwas besteuern zu können, sei "schwierig". Dazu komme die Gefahr, dass Trittbrettfahrer das Leistungsschutzrecht als Abmahnmodell gegen beliebige Webseitenbetreiber und Blogger sehen könnten.

"Eine direkte Presseförderung will kein Mensch, um die Unabhängigkeit zu wahren", erklärte die Medienexpertin der Grünen im Bundestag, Tabea Rößner. Eine bessere Perspektive könnten ein Stiftungsmodell oder Finanzierungshilfen in Form von Krediten für den Aufbau von Online-Angeboten kleiner Verlage bieten. Auch müsse ein Weg gefunden werden, um Micropayments stärker in die digitale Welt zu bringen. Das Leistungsschutzrecht helfe dagegen nur den großen Verlegern und fördere den Boulevard-Journalismus. Davon, Journalisten zu beteiligen, die am meisten Unterstützung nötig hätten, sei gar nicht ernsthaft die Rede.

Pavel Richter, Vorstand von Wikimedia Deutschland, meinte: "Das Internet lebt von einer Kultur des Teilens, in der jeder etwas gibt und nimmt." Dem stehe der Gesetzentwurf massiv entgegen. Er sehe dagegen keine Gefahr für die Pressefreiheit und Meinungsvielfalt, "wenn Verlage pleite gehen". Angesichts der Krise mancher Blätter werde der Gesetzgeber wohl "irgendwann einen Rahmen spannen wollen". Beim Urheberrecht gebe es derzeit aber dringenderen Reformbedarf etwa bei verwaisten Werken oder den jahrzehntelangen Schutzfristen.

Es sei dringlicher, die Bedingungen für Autoren über das Urhebervertragsrecht zu verbessern, als ein neues Schutzrecht zu schaffen, unterstrich auch ein Vertreter des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV). Es werde "an jeder Ecke gespart, wo Journalismus entsteht". So fehle häufig Geld für eine gründliche Recherche. Die Höhe der gesetzlich vorgesehenen "angemessenen Vergütung" für Autoren sei nach wie vor ungeklärt. Auch scheiterten viele Medien noch rein technisch an einfachen Bezahlfunktionen im Internet. (anw)