Kulturrat und ver.di laufen gegen Absenkung der Urheberabgabe Sturm

Vertreter der Kreativen wenden sich entschieden gegen die geplanten neuen Regelungen zur Festsetzung der Vergütungspauschale im Entwurf für die zweite Reformstufe des Urheberrechts.

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Vertreter der Kreativen wenden sich entschieden gegen die geplanten neuen Regelungen zur Festsetzung der pauschalen Urheberrechtsabgabe. Der vom Bundesjustizministerium vorgelegte Kabinettsentwurf für die zweite Reformstufe des Urheberrechts gehe "eindeutig einseitig zu Lasten" von Autoren und Produzenten, empört sich Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Die Kreativen sollen seiner Ansicht nach "geschröpft werden, um besonders die Computerindustrie zu entlasten." Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat derweil einen Brief aus dem Bundesvorstand der Deutsche Journalisten-Union (dju) versandt, in dem ebenfalls vor der geplanten Neuregelung der Vergütungspauschale gewarnt wird. Mit Hilfe eines Flugblattes und Protestveranstaltungen will ver.di gegen den Kahlschlag beim Ausgleich für die Privatkopie Sturm laufen.

Der von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries vorgeschlagene Systemwechsel bei den hierzulande vor 25 Jahren eingeführten Urhebervergütungen kommt nach Ansicht des ver.di-Fachmanns Wolfgang Schimmel "einer Enteignung der Journalisten und anderer Kulturschaffender gleich". Wenn künftig nicht mehr der Erfolg eines Werkes, sondern der Elektro-Handel über die angemessene Vergütung für Urheber entscheide, wären sie die Leidtragenden des Preiskampfes auf dem Elektronikmarkt und könnten trotz steigender Nutzung ihrer Werke immer schlechter von ihrer Arbeit leben. Der so genannte 2. Korb der Urheberrechtsnovelle verteile die größten Körbe demnach an die Kreativen, heißt es bei der dju.

Hintergrund der an Schärfe zunehmenden Auseinandersetzung ist eine neue Passage im Kabinettsentwurf, der zufolge die Summe aller Vergütungsansprüche der Urheber nicht mehr als fünf Prozent des Verkaufspreises von tatsächlich zum Kopieren genutzten Geräten und Speichermedien betragen darf. Die Abgabe wird damit laut Zimmermann von der Spitzenvereinigung der deutschen Kulturverbände nicht mehr nach der bisher von der Politik immer hochgehaltenen Maxime ausgerichtet, dass die Urheber eine angemessene Vergütung auch aus der weiter zulässigen privaten Vervielfältigung erhalten sollen. Zypries versuche so, mit dem Urheberrecht "Wirtschaftsförderung zu betreiben". Es sei aber allseits bekannt, dass die meisten Speichermedien und Kopiergeräte in Fernost gefertigt werden und in Deutschland kaum Arbeitsplätze in diesem Bereich entstehen. Dagegen steige die Zahl der in Deutschland tätigen Kreativen ständig an. Hier liege der Arbeitsmarkt der Zukunft, der vom Justizministerium "leichtfertig in Gefahr gebracht wird".

Ziimmermann kritisiert auch, dass den Geräteherstellern mit dem Gesetzesvorschlag ein Instrument in die Hand gegeben würde, "sich der Vergütungsabgabe ganz und gar zu entziehen". Sie müssten nur behaupten, dass mit einem zum Kopieren geeigneten Gerät weniger als 10 Prozent private Vervielfältigungen angefertigt werden. Diese Regelung würde zur Folge haben, dass erneut langwierige Rechtsstreite zu führen seien, ob überhaupt eine Vergütungsabgabe auf einen Gerätetyp zu zahlen ist.

Während der Branchenverband Bitkom den neuen Ansatz im Prinzip begrüßt hat, schlagen auch die Verwertungsgesellschaften weiter Alarm. Der dju rechnet auf Basis der von ihnen zur Verfügung gestellten Zahlen vor, dass die Einnahmen aus der Vergütungspauschale um 80 bis 90 Prozent sinken würden. "Das sind Einnahmen, die den Journalisten und anderen Kulturschaffenden bei der ohnehin oft schwierigen Sicherung ihres Lebensunterhalts verloren gehen – und das bei steigender Nutzung ihrer Werke", heißt es in der Informationskampagne der Gewerkschaft. So habe die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im April 2001 ermittelt, dass durchschnittlich 34,7 Prozent der Dateien, die auf der Festplatte von privat genutzten PCs gespeichert sind, Dateien fremden Inhalts sind. 27,4 Prozent davon sind Texte und 18,7 Prozent Bilder, Kunstdarstellungen und Grafiken.

Die Geräteindustrie hat jüngst – ebenfalls anhand einer GfK-Studie – völlig andere Werte angegeben, ohne jedoch das zugehörige Datenmaterial herauszugeben. Der auch im Bereich der Privatkopie allgemein heftig umstrittene Gesetzesentwurf soll nach einer Anhörung im Justizministerium noch im Februar vom Bundeskabinett beschlossen und ins Parlament eingebracht werden.

Zu den Diskussionen und juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)