Anwalt Gravenreuth zu Haftstrafe verurteilt [Update]

Laut der taz wurde Günter Freiherr von Gravenreuth zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Er ließ die Domain der taz pfänden, weil sie nach einer einstweiligen Verfügung darin festgesetzte Gelder nicht gezahlt habe, was nachweislich falsch war.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der in IT-Kreisen berühmt-berüchtigte Anwalt Günter Freiherr von Gravenreuth wurde nach einem Bericht der taz vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten wegen versuchten Betrugs zu einer Haftstrafe von einem halben Jahr ohne Bewährung verurteilt. Der Anwalt hatte die Domain der taz pfänden lassen.

Der Verurteilung ging ein langer Rechtsstreit voraus. Im Mai 2006 hatte der für Abmahnungen bekannte Gravenreuth die Tageszeitung abgemahnt, weil er unbestellt eine Bestätigungsmail für den taz-Newsletter erhalten habe. Als die Zeitung nicht zahlte, habe Gravenreuth eine einstweilige Verfügung erwirkt. Dem Münchner Anwalt wurde darin ein Betrag von 663,71 Euro zugesprochen, den die taz zahlte. Dennoch ließ der Anwalt die Domain www.taz.de pfänden und versuchte sogar, sie zu versteigern. Er begründete diesen Schritt damit, dass er kein Geld von der Berliner Tageszeitung erhalten habe, schreibt die taz: Er habe auf den Kostenfestsetzungsbeschluss noch keine Zahlung erhalten, habe Gravenreuth erklärt.

An diesem Punkt verstanden die tazler keinen Spaß mehr und griffen zu härteren juristischen Schritten. Der taz-Anwalt Jony Eisenberg stellte Strafanzeige wegen versuchten Betruges: Gravenreuth habe dem Vollstreckungsgericht gegenüber behauptet, dass das Geld noch nicht gezahlt worden sei. Diese Behauptung konnte jedoch widerlegt werden. So fanden die Ermittler bei einer Durchsuchung der Kanzlei Gravenreuths ein Fax, dessen Kenntnis der Anwalt bestritten hatte. Vor Gericht versuchte sich Gravenreuth mit dem "Chaos" in seinem Büro und mangelnder Rechtskenntnis zu entschuldigen.

Bei der Richterin kam diese Begründung freilich nicht gut an. Sie verurteilte den Anwalt zu einer Haftstrafe ohne Bewährung. Dabei würdigte sie die Tatsache, dass Gravenreuth bereits im Jahr 2000 wegen Urkundenfälschung in 60 Fällen verurteilt wurde. In der Verhandlung betonte die Richterin laut taz, dass die Allgemeinheit vor Gravenreuth geschützt werden müsse. Gegen das Urteil ist noch Berufung möglich. Günter Freiherr von Gravenreuth ist in der deutschen IT-Szene wegen zahlreicher Abmahnungen bekannt; die taz meint, er gelte als "Verursacher des Abmahn-Unwesens".

[Update]:
In einer ersten Stellungnahme gegenüber heise online betonte Rechtsanwalt Gravenreuth, er habe bis zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung noch offene Forderungen gegenüber der taz gehabt, die Abmahnkosten und Abschlussschreiben umfassten. Die Zahlung der taz sei für ihn aufgrund der Bezeichnung "RNR.15O436/0623.05.2006" ein unklarer Zahlungseingang mit unklarer Leistungsbestimmung gewesen. Die Behauptung, er habe die Pfändung von taz.de damit begründet, dass er kein Geld von der Berliner Tageszeitung erhalten habe, stelle daher eine falsche Behauptung dar. Die Klage in der Hauptsache in diesem Verfahren gegen die taz sei anhängig, einen Termin beim Kammergericht gebe es erst im August nächsten Jahres. (jk)