Linus Torvalds: Die Android-Situation wird besser

Auf der Linuxcon Europe erklärte der Linux-Erfinder, das steigende Durchschnittsalter der Kernel-Entwickler bereite ihm keine Sorgen. Die Android-Situation hat sich seiner Ansicht nach deutlich gebessert.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Dirk Hohndel (links) und Linus Torvalds auf dem Podiumsgespräch der Linuxcon Europe.

In einem Podiumsgespräch mit Dirk Hohndel hat sich Linus Torvalds zu aktuellen Entwicklungen und Problemen rund um die Kernelentwicklung geäußert. Das Gespräch zwischen dem Linux-Erfinder und Intels Chief Linux and Open Source Technologist fand auf dem dritten Tag der Linuxcon Europe statt, die derzeit in Barcelona stattfindendet.

Auf einen Publikumskommentar zur Zusammenarbeit mit Nvidia ging Torvalds nicht ein; vielmehr sagte er schmunzelnd, dazu habe er wohl genug gesagt. Ausführlicher wurde er zur Frage nach dem steigenden Durchschnittsalter der Kernel-Entwickler. Das ist laut Torvalds kein Problem, sondern ganz natürlich, denn einige der Kernel-Größen seien schon lange dabei – teilweise seit den Anfangstagen vor 21 Jahren. Außerdem sei das Interesse von kommerziellen Unternehmen gewachsen, und die würden eher erfahrene und damit ältere Entwickler anheuern. Aber es gebe auch massenweise junge Entwickler, die immer wieder auftauchen und in die Community hineinwachsen.

Ein Problem sei allerdings, dass kaum Frauen zum Linux-Kernel beitragen. Woran das liege, ließe sich nicht so einfach erklären; Torvalds sagte deutlich, die Kernel-Community brauche mehr weibliche Entwickler. Zudem zeigt sich Torvalds besorgt, dass bestimmte Persönlichkeiten bei der Kernel-Entwicklung immer wieder miteinander kollidieren. Er wünscht sich ferner mehr Tester, die neue oder in Entwicklung befindliche Kernel speziell auf untypischen Systeme ausprobieren, auf die Kernel-Entwickler keinen Zugriff haben.

Eine Aussicht auf die Verbesserungen, die nach der gerade vorbereiteten Version 3.7 in den Kernel einfließen, wollte der Linux-Erfinder nicht geben. Integriert werde, was fertig ist, wie es seit Linux 2.6.0 nun viele Jahre üblich sei. Das habe Druck aus dem Entwicklungsprozess genommen, da die Kernel-Hacker Dinge nun zu Ende entwickeln könnten, um sie dann in den jeweils nächsten Kernel zu integrieren. Früher hätten sie häufig hektisch auf die Integration in eine bestimmte Version hin gearbeitet, damit die Verbesserung nicht einen bestimmten Meilenstein verpasst und dadurch Monate oder Jahre in einem Entwicklerzweig liegt. Torvalds erklärte, er plane schon seit dem Herbst 1991 die Entwicklung des Kernels nicht mehr langfristig, sondern integriere lediglich, was andere Entwickler als sinnvolle Erweiterungen einreichen.

Das Patentsystem bezeichnete Torvalds als "einfach kaputt". Allerdings sei die Situation in Europa nicht ganz so schlimm.

Zu den Unterschieden, die es zwischen dem Linux-Kernel von Android und dem von Torvalds verwalteten Kernel gibt, sagte der Linux-Erfinder, die Situation habe sich im letzten Jahr erheblich gebessert. Die Kernel-Entwickler hätten sich die Android-spezifischen Erweiterungen angeschaut und diese integriert oder Lösungen entwickelt, die vergleichbare Funktionen stellen; bei einigen Funktionen sei der Prozess aber noch im Gang. Das sei gar nicht so anders als vor vielen Jahren bei den Distributionskerneln von Red Hat oder Suse, die damals ähnlich umfangreiche Änderungen enthielten, die nicht Bestandteil des Hauptentwicklungszweigs von Linux waren.

Die Linux Foundation will in den nächsten Tagen eine Video-Aufzeichnung des Gesprächs veröffentlichen. Das Hauptprogramm der LinuxCon und der parallel abgehaltenen Embedded Linux Conference Europe endet mit dem heutigen Tag. Im nächsten Jahr sollen die LinuxCon Europe vom 21. bis 23. Oktober in Edinburgh, Großbritannien stattfinden. Die Embedded Linux Conference Europe sowie der nur für geladene Kernel-Entwickler zugängliche Kernel-Summit sind für den 23. bis 25. Oktober am selben Ort geplant; dort soll am 24. und 25. Oktober auch ein Automotive Linux Summit stattfinden, bei dem es um Linux in der Automobilindustrie geht. Die bedeutendste LinuxCon, die LinuxCon North America, ist für den 16. bis 18. September in New Orleans angesetzt. (thl)