Überwachungsprogramme sind der obersten US-Geheimdienstbehörde DNI zu langsam

Eine Ausschreibung macht deutlich, welche Mängel die Data-Mining-Programme haben und dass die US-Geheimdienste "Hunderte" von Datenbanken zur Verfolgung verdächtiger Aktivitäten betreiben.

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Von
  • Florian Rötzer

Nach dem 11.9. wurden in den USA neben Präventionskriegen und innenpolitisch dem schnell verabschiedeten Patriot-Gesetz, mit dem - Vorbild auch für die so genannten Otto-Kataloge in Deutschland - die Kompetenzen der Sicherheitsbehörden und Geheimdienste massiv erweitert wurden, eine ganze Reihe von Überwachungs- und Data-Mining-Programmen gestartet. Am bekanntesten wurden wohl das Total Information Awareness Program (TIA) des Pentagon oder das Terrorism Information and Prevention System (TIPS) des US-Justizministeriums. Beide wurden vom amerikanischen Kongress verboten, aber sie wurden teilweise unter anderem Namen oder in anderen Rahmen weitergeführt.

Jetzt wurde wieder ein Nachfolgeprogramm von TIA mit dem Namen Tangram bekannt, das von der obersten Geheimdienstbehörde DNI entwickelt wird. Dabei handelt es sich um Verbesserungen für ein “vollautomatisches, permanent arbeitendes Unterstützungssystem zur Analyse von Geheimdienstinformationen“. Es gebe bereits einige Methoden und Algorithmen, um „verdächtige Muster terroristischer Aktivitäten“ zu erkennen und zu verfolgen. Das Problem aber sei, so heißt es in der Ausschreibung, dass die Systeme nicht die gewünschten Datenmengen schnell genug bearbeiten können.

Man erfährt in der Ausschreibung auch ein wenig darüber, was man sich in den Geheimdiensten von Data-Mining-Programmen wünscht. Bislang seien die Programme, so heißt es, kaum über Modelle von „Schuld-durch-Verbindung“ hinausgekommen. Gewünscht werden Programme, die Daten so interpretieren können, dass sie normales Verhalten von „scheinbar normalem Verhalten“ unterscheiden, also vorgetäuschtes Verhalten erkennen können und nicht nur auf anormales Verhalten fixiert sind.

Interessant sind aber auch die Hinweise auf die weiteren „Lücken“, die man mit Tangramm schließen will, das anhand der zahlreich vorhandenen Datenbanken evaluiert werden muss. Dazu gehören „terroristische Datenbanken“, die vorwiegend aus berichteten, aber nicht in ihrer Wichtigkeit und Bedeutung interpretierten „Informationsfragmenten“ bestehen. Damit gemeint sind Datenbanken, die von Freiwilligen beispielsweise im Hinblick auf Lebensmittelsicherheit oder Kundenbeschwerden gefüllt werden. In diesem Zusammenhang wird von „neuen Systemen wie dem TIPS-System, durch das verdächtiges Verhalten von Transport- und Hafenarbeitern berichtet werden“, gesprochen. Weiter heißt es, dass die Geheimdienste „Hunderte von kleinen Datensammlungen wie TIPS“ hätten.

Das Terrorism Information and Prevention System (TIPS), das vom damaligen Justizminister Ashcroft als landesweites Spitzelsystem aufgebaut wurde, ist vom Kongress allerdings bekanntlich Ende 2002 verboten worden. Offenbar wurde es doch heimlich weiter geführt. Das National Journal fragte beim DNI nach. Dort hieß es, die Autoren der Ausschreibung hätten wohl nicht gewusst, was es mit TIPS auf sich hat und sich darauf nur als Beispiel berufen.

Siehe dazu auch in Telepolis: Auf der Suche nach der Unterscheidung von Normalität und scheinbarer Normalität. (fr)