Grüne und Netzwerk Recherche warnen vor Überwachungsstaat

Die Vorratsdatenspeicherung komme einer totalen Überwachung des ganz normalen Bürgers gleich, kritisierten die Hamburger Grünen-Fraktion und die Journalisten-Vereinigung.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Hamburger Grünen-Fraktion und die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche haben eindringlich vor den Folgen der Vorratsdatenspeicherung gewarnt. GAL-Rechtsexperte Till Steffen sprach laut dpa von einem "Angriff auf das Grundrecht auf vertrauliche Information". Auch ohne konkreten Anlass könnten Daten jetzt gespeichert werden. Das verstoße gegen das Menschenrecht auf Privatsphäre. Grenzen notwendiger Kontrolle, "werden massiv überschritten", meinte Albrecht Ude vom Netzwerk Recherche.

Besonders Journalisten und Anwälte seien von dem Gesetz betroffen. Wer wolle sich ihnen noch anvertrauen, "wenn er sich nicht sicher sein kann, dass das Gespräch geheimbleibt". Die Aufzeichnung von Informationen über die Kommunikation, Bewegung und Mediennutzung jedes Bürgers "stellen die bislang größte Gefahr für das Recht auf ein selbstbestimmtes und privates Leben dar", sagte Steffen.

Jeder hinterlasse Datenspuren – beim Telefonieren, Simsen, Mailen oder Surfen im Internet. Telefonanbieter, E-Mail- und Internet-Provider sind ab sofort dazu verpflichtet, alle Verbindungsdaten ihrer Kundschaft sechs Monate lang zu speichern. Es wird unter anderem festgehalten, wer wann mit wem telefoniert hat, sowie der Standort des Anrufers bei Handy-Nutzern oder die IP-Adresse beim Internet-Zugang. Das komme einer totalen Überwachung des ganz normalen Bürgers gleich, kritisierten Ude und Steffen laut dpa.

Die umstrittene Vorratsdatenspeicherung und neue Regeln für die Überwachung der Telekommunikation waren zum 1. Januar in Kraft getreten, nachdem Bundespräsident Horst Köhler das umstrittene Gesetz kurz vor dem Jahreswechsel unterzeichnete. Beim Bundesverfassungsgericht liegen bereits Beschwerden gegen das Gesetz vor: Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung reichte eine Verfassungsbeschwerde ein, für die rund 30.000 Vollmachten aus der Bevölkerung vorliegen, und auch FDP-Abgeordnete, vertreten durch den Altliberalen Burkhard Hirsch, zogen gegen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung nach Karlsruhe.

Zu Details der neuen Telekommunikationsüberwachung und der auf Vorrat gespeicherten Verbindungsdaten siehe:

Zum aktuellen Stand und der Entwicklung der Debatte um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe:

(jk)