Aufrechnung im Insolvenzverfahren
Der Bundesfinanzhof hat seine langjährige Rechtsprechung in Bezug auf die Aufrechnungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren mit zwei aktuellen Urteilen aufgegeben.
Mit zwei aktuellen Urteilen (vom 25.07.12, Az.: VII R 44/10 und VII R 29/11) hat der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung zu Aufrechnungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren grundlegend geändert.
Hintergrund: Hat das Finanzamt gegenüber einem insolventen Unternehmer noch offene Umsatzsteuerforderungen, darf es diese mit vorhandenen Zahlungsansprüchen des Steuerpflichtigen verrechnen. Die Insolvenzordnung lässt das und damit durchaus auch die Bevorzugung des Finanzamts als Gläubiger zu. Allerdings ist diese Aufrechnung verboten, falls die Ansprüche des Unternehmers gegenüber dem Finanzamt erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung).
Eine Ausnahme von dieser Regel hat der Bundesfinanzhof in seiner bisherigen Rechtsprechung aber zugelassen. So durfte doch aufgerechnet werden, falls der Anspruch steuerrechtlich erst während des Verfahrens wirksam wurde, aber auf einer vor Verfahrenseröffnung erfolgten Steuerfestsetzung beruhte. Dies galt insbesondere für Fälle, bei denen es um eine Umsatzsteuerberichtigung wegen Uneinbringlichwerden des Entgelts ging. Diese eigentümliche Verknüpfung von Umsatzsteuerfestsetzung und Umsatzsteuerberichtigung hat der Bundesfinanzhof nun aufgegeben. Eine Aufrechnung sei nur dann zulässig, wenn der Berichtigungstatbestand schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist.
In einem der verhandelten Fälle ging es um einen insolventen Unternehmer, dessen Geschäftspartner kurz darauf ebenfalls in Insolvenz geraten war. Die offenen Rechnungen konnten hier also auch nicht mehr eingetrieben werden. Den dadurch ausgelösten Umsatzsteuererstattungsanspruch des Unternehmers darf das Finanzamt nun nicht mit Insolvenzforderungen verrechnen.
Im zweiten Fall bestätigte der Bundesfinanzhof, dass Forderung und Gegenforderung, die im selben Besteuerungszeitraum entstanden sind, gegeneinander verrechnet werden dürfen. Hier seien die Aufrechnungsverbote des § 96 InsO nicht zu beachten. (gs)