Facebook: Nutzer-Abstimmung über Regel-Änderungen nicht sinnvoll

Facebook-Nutzer haben die Möglichkeit, mit Abstimmungen über Regeländerungen mitzuentscheiden - doch nur wenige machten Gebrauch davon. Facebook möchte die Abstimmungen abschaffen und "qualitative Kommentare" fördern. Widerstand regt sich.

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Von
  • Jürgen Kuri

Facebook will nach geringer Beteiligung die Mitglieder-Abstimmungen über wichtige Regeländerungen abschaffen. Stattdessen solle es unter anderem mehr Gelegenheiten geben, direkt Fragen an die Verantwortlichen für Datenschutz zu stellen, kündigte Facebook an.

Man habe festgestellt, dass "der Abstimmungsmechanismus, der durch eine bestimmte Anzahl an Kommentaren ausgelöst wird, tatsächlich zu einem System geführt hat, das die Quantität der Kommentare über ihre Qualität stellt", meinte Elliot Schrage, bei Facebook für "Communications, Public Policy und Marketing" zuständig. Deshalb schlage Facebook vor, "die Abstimmungskomponente des Verfahrens zugunsten eines Systems zu beenden, das zu inhaltlich sinnvolleren Rückmeldungen und Interaktionen führt", führt Schrage weiter aus.

Die vergangene Abstimmung über Änderungen der Regeln für Nutzung und Datenschutz war in diesem Jahr zur Farce geraten. Die Beteiligung lag mit 350.000 Nutzern bei nur 0,04 Prozent statt der erforderlichen 30 Prozent aller Mitglieder. Mit inzwischen mehr als einer Milliarde aktiver Nutzer ist es praktisch unmöglich geworden, die Marke von 30 Prozent zu erreichen. Künftig soll es statt einer Abstimmung weitere Möglichkeiten für Kommentare geben.

Die Facebook-Nutzer bekommen jetzt Zeit bis zum 28. November, die Vorschläge zu kommentieren. Bisher lösen 7000 Kommentare zu Änderungsvorschlägen automatisch eine Abstimmung aus. Damit könnte es diesmal eine Abstimmung über die Abschaffung der Abstimmung geben. Allerdings dürfte es an ihrem Ausgang angesichts der hohen Beteiligungs-Hürde kaum Zweifel geben. Nehmen an einer Abstimmung weniger als 30 Prozent der Mitglieder teil, setzt Facebook nach der bisherigen Regelung die Änderungen einfach in Kraft.

Unter anderem deutsche Datenschützer hatten das Verfahren angesichts der hohen Beteiligungshürde scharf kritisiert. Zudem warfen sie Facebook vor, die Mitglieder nicht ausreichend über die Abstimmung informiert zu haben. Das Online-Netzwerk, Facebook, das immer wieder von Datenschützern kritisiert wird, nannte die Abstimmungen oft als Beispiel für die Möglichkeiten der Nutzer, die Regeln mitzugestalten. Jetzt soll es unter anderem regelmäßige Live-Schaltungen mit der für Datenschutz zuständigen Managerin Erin Egan geben.

Außerdem kündigte Facebook am Mittwoch eine Erneuerung der Datenschutz-Einstellungen an. So solle es neue Filter für Einträge anderer Nutzer geben und mehr Informationen darüber, wer und wo die eigenen Inhalte sehen kann. Zudem sind Tipps zur Verwaltung des Profils geplant.

Die Kommentarzahl zu dem deutsch- ebenso wie dem englischsprachigen Eintrag zu der Ankündigung auf der Facebook-Seite "Site Governance" wächst seit der Veröffentlichung stetig. Der Tenor ist in der Regel negativ: Die User wehren sich gegen die Abschaffung der Abstimmungen über Regeländerungen. Viele User schließen sich dagegen Forderungen an, die auf "Our Policy" aufgestellt wurden.

Zu diesen Forderungen gehören nicht nur die Beibehaltung des Abstimmungssystems, sondern auch Verbesserungen bei der Transparanz, wo welche Daten über welche User gespeichert werden, ein Opt-in für alle Bestimmungen zur Datennutzung durch Facebook sowie beispielsweise besseren Zugang der User zu den eigenen, bei Facebook gespeicherten Daten. Initiiert wurde der Forderungskatalog von der Initiative "Europe versus Facebook", die zuletzt eine Stellungnahme von Facebook veröffentlichte, mit der das Netzwerk gegen die Novellierung der europäischen Datenschutzrichtlinien lobbyierte. (mit Material von dpa) / (jk)