Medienbericht: BND hat bereits Online-Razzien durchgeführt

Laut einem Magazinbericht durchsuchte der Bundesnachrichtendienst bereits wiederholt mit dem "Bundestrojaner" Zielrechner Verdächtiger im Ausland; er soll auch dem Verfassungsschutz bei einer Netzbespitzelung eines Islamisten im Inland geholfen haben.

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Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll bereits rund 60mal heimlich Zielrechner Verdächtiger im Ausland über das Internet heimlich ausgeschnüffelt haben. Über diese Zahlen berichtet das Magazin Focus in seiner kommenden Ausgabe. Auf Anfrage habe der Auslandsgeheimdienst weiter mitgeteilt, dass Operationen innerhalb Deutschlands generell nicht zu seinem Aufgabengebiet gehörten. Der so genannte Bundestrojaner sei daher auch nicht gegen deutsche Bürger im Inland eingesetzt worden. Keine Angaben gibt es zu der Frage, auf welcher Rechtsgrundlage der BND die heimlichen Online-Durchsuchungen im Ausland durchführte.

Sicherheitsexperten wie etwa vom Chaos Computer Club (CCC) trauen bereits seit längerem am ehesten noch dem BND unter den deutschen Geheimdiensten das benötigte Know-how zu, im Rahmen einer gezielten Trojanerattacke informationstechnische Systeme auszuspähen. Andere Sicherheitsbehörden wie Verfassungsschutzeinrichtungen würden im Rahmen der "Amtshilfe" auf dessen Lösungen zurückgreifen. Ganz in diesem Sinne soll der BND dem Focus zufolge auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) im Frühjahr 2006 unterstützt haben, den Rechner des Berliner Islamisten Reda Seyam zu durchleuchten. Der Inlandsdienst soll dem bekennenden "Gotteskrieger" eine getarnte E-Mail mit der Spionagesoftware geschickt haben. Seyam klickte demnach auf den anscheinend unverdächtig daherkommenden Anhang und aktivierte so den Trojaner.

Bei der so erfolgten Online-Razzia soll es sich um die "erste und bislang einzige" geglückte Netzbespitzelung dieser Art hierzulande gehandelt haben. Der Spähangriff hat dem Magazin zufolge bis 2007 gedauert. Dabei seien die Verfassungsschützer unter anderem auf eine Anleitung zum Bau von Sprengsätzen und Fotos von verstümmelten US-Soldaten gestoßen sein. Die Funde reichten allerdings nicht aus, um Seyam den Prozess zu machen. Der Islamist selbst erklärte, die Trojanerattacke bemerkt zu haben. Sein russischer Virenscanner habe angeschlagen. Seitdem habe er den Verdacht gehabt, "jemand macht etwas mit meinem Computer". Für Chats bevorzuge er seitdem Internet-Cafés, in denen aber laut CCC auch bereits Keylogger zum Abgreifen von Tastatureingaben gefunden worden sind.

Zum aktuellen Stand und der Entwicklung der Debatte um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe:

(Stefan Krempl) / (je)