Bundesrat will keinen Einspruch gegen Urheberrechtsreform einlegen

Ausschüsse der Länderkammer raten, den umstrittenen Entwurf zur 2. Stufe der Urheberechtsnovelle nicht dem Vermittlungsausschuss vorzulegen. Zugleich lehnen sie eine offizielle EU-Empfehlung von DVB-H als Standard fürs Handy-TV ab.

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Der Bundesrat wird in seiner Plenarsitzung am kommenden Freitag voraussichtlich grünes Licht geben für den umstrittenen Gesetzesentwurf zur zweiten Stufe der Urheberrechtsnovelle. Der federführende Rechtsausschuss und der Ausschuss für Kulturfragen des Gremiums empfehlen den Länderchefs zumindest (PDF-Datei), zu dem Vorhaben keinen Antrag auf Einberufung eines Vermittlungsausschusses zu stellen. Damit dürften die Länder im Rahmen der Wahrung des Koalitionsfriedens ihre zunächst geäußerten Bedenken gegenüber dem Regierungsvorstoß zur Urheberrechtsreform wohl größtenteils zurückstecken. Der Bundesrat soll aber zumindest eine Entschließung fassen, wonach die Bundesregierung die Regelung zum Ausschluss der Verwendung von Kopien aus Schulbüchern für den Unterrichtsgebrauch "sorgfältig beobachten" und im Fall einer unangemessenen Verschlechterung der Bedingungen für den Kultusbereich der Länder kurzfristig eine Anpassung des Gesetzes vorschlagen soll.

Allein der Kulturausschuss macht sich zudem dafür stark, dass sich die Länderkammer nach der Passage des so genannten 2. Korbs der Reform möglichst rasch für die Aufnahme von Arbeiten an einem 3. Korb für die Belange von Bildung, Wissenschaft und Forschung in der Wissens- und Informationsgesellschaft aussprechen. Im Rahmen dieses dritten Novellenansatzes sollen unter anderem neue Verwertungsmodelle gemäß dem "Open Access"- und dem "Open Source"-Ansatz sowie die Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätzen in sämtlichen Bildungseinrichtungen geregelt werden. Vergleichbare Forderungen haben auch Bildungs- und Forschungspolitiker aus dem Bundestag bereits direkt im Rahmen der Verabschiedung des 2. Korbs durch das Parlament vor der Sommerpause erhoben.

Ansonsten sehen die Fachausschüsse die umfangreiche Stellungnahme des Bundesrates zur Urheberrechtsreform im Rahmen der Änderungen des Rechtsausschusses an der derzeit behandelten Novelle "zum größten Teil aufgegriffen". So sei etwa die Rechtsstellung der Urheber bei Verträgen über unbekannte Nutzungsarten durch eine Koppelung des Widerrufsrechts an eine Informationspflicht der Verwerter verbessert worden. Zudem loben die Länderpolitiker, dass der Bundestag die Nutzung an elektronischen Leseplätzen in Bibliotheken auf Werke aus dem Bestand der Einrichtung beschränkt hat.

Auch die enger gefasste Neuregelung der Vergütungspauschale fürs private Kopieren stößt auf das Wohlwollen des Bundesrates. Die Länder erwähnen konkret die Streichung der Eingangsschwelle einer Nutzung "in nennenswertem Umfang" als Voraussetzung der Vergütungspflicht von Geräten und Speichermedien sowie die Streichung der "Fünf-Prozent-Klausel" bei der Vergütungshöhe in der Relation zum Gerätepreis sowie der spezifischen Höchstgrenze der Kopiervergütung für Multifunktionsgeräte. Zugleich loben die Ausschüsse aber auch die Entschließung des Parlament, der zufolge die Auswirkungen des neuen Vergütungssystems insbesondere auf die Gerätepreise und die Markt- und Wettbewerbssituation zu beobachten und gegebenenfalls zu korrigieren sind.

Auf Missfallen im Bundesrat droht unterdessen die Mitteilung der EU-Kommission zur "Stärkung des Binnenmarktes für das Mobilfernsehen" zu stoßen. So sollen sich die Länderchefs nach Ansicht der Ausschüsse für Fragen der Europäischen Union, für Innere Angelegenheiten, für Kulturfragen und des Wirtschaftsausschusses "aus Gründen der Technologieneutralität" gegen eine Festlegung auf DVB-H als "alleinigen Übertragungsstandard" fürs Handy-TV aussprechen. Zugleich soll die Länderkammer laut den Empfehlungen (PDF-Datei) die von der Kommission vorgeschlagene Aufnahme des Standards in das Verzeichnis der Normen, die im EU-Amtsblatt veröffentlich werden, ablehnen.

Die Ausschüsse betonen weiter die Aufgabe der Mitgliedstaaten, "in den vorhandenen Frequenzbereichen sicherzustellen, dass Frequenzen für das Mobilfernsehen zur Verfügung gestellt werden". In diesem Zusammenhang soll der Bundesrat die Forderung der Kommission, das L-Band generell für die Verbreitung von Handy-TV über DVB-H zu verwenden, hinterfragen. Allgemein sollten zudem die mitgliedstaatlichen Regelungsbefugnisse zur Sicherung des freien Informationsflusses, der Medienpluralität und der kulturellen Vielfalt auch im Rahmen der Frequenzpolitik beachtet werden. Die Vergabe aller Frequenzen falle dabei in den Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten, was sich auch auf das Mobil-Fernsehen beziehe. Dabei handelt es sich Auffassung der Fachgremien schließlich um Rundfunk und nicht um einen weniger streng regulierten Tele- oder Mediendienst.

Zum verabschiedeten "2. Korb" der Urheberrechtsnovelle siehe:

Zu "Open Access" für wissenschaftliche Veröffentlichungen siehe auch in Technology Review:

Zur Diskussion um das Urheberrecht, das geistige Eigentum, Tauschbörsen und illegale Kopien sowie um die Urheberrechtsnovellierung siehe die Übersicht mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln und zu den Gesetzesentwürfen und -texten:

(Stefan Krempl)/ (axv)