WCIT-Auftakt: Friedensangebote an alle, außer Google

In Dubai hat die ITU-Weltkonferenz zur internationalen Telekommunikation WCIT begonnen. Nach den Diskussionen im Vorfeld über Internet-Kontrolle und Netzneutralität versuchte ITU-Generalsekretär Touré zu beruhigen, griff aber gleichzeitig Google an.

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Von
  • Monika Ermert

Zum Auftakt der World Conference on International Telecommunicaiton (WCIT) in Dubai machte der Generalsekretär der Internationalen Fernmeldeunion, Hamadoun Touré, eine Menge Friedensangebote. In Richtung ICANN sagte Touré, man müsse zusammenarbeiten. In Richtung Öffentlichkeit versprach Toure tägliche Updates zur Konferenz und begrüßte die nicht-staatlichen Akteure bis hin zum Gründer von WCITleaks. Nur Google bekam sein Fett ab: das Unternehmen versuche eine ganze Klasse von Nutzern zu manipulieren. "Das ist ein Missbrauch seiner Macht", wetterte Touré.

Bei der WCIT wollen die ITU-Mitgliedsstaaten bis zum 14. Dezember einen Neufassung der International Telecommunication Regulations (ITR) aushandeln. Die ITR sind ein etwas angestaubter Vertrag zum internationalen Telefonverkehr aus dem Jahr 1988, der nach Befürchtungen von Kritikern, unter denen Google zu den lautesten gehört, auf Internetfragen ausgedehnt werden könnte. Australiens Telekommunikationsminister Stephen Conroy gab als Gastgeber der Vertragskonferenz der WCIT 2012 brav seinen Segen, gab allerdings auch zu Bedenken, dass das Internet sich auch ohne Erwähnung in den alten ITR entwickelt habe.

Kontroverse Diskussionen erwartet Conroy in den Bereichen Sicherheit und Datenschutz, über Vorschläge zur Aufnahmen der Kommunikationsfreiheit in die Präambel des Vertrages, und, noch vorher, zu den Definitionen des Vertrages. Eine Einigung darüber, ob Telekommunikation automatisch Internet meine, künftige ITR-Regelungen nur klassische Netzbetreiber wie AT&T oder die Deutsche Telekom oder auch andere Internet Services Provider betreffe, oder Missbrauch von Nummern auch IP-Adressen betreffe, sei der halbe Weg zum Erfolg der Konferenz.

Tatsächlich haben die in Dubai mit knapp 130 Delegationsmitgliedern auftretenden US-Amerikaner zusammen mit Kanada rasch noch einen Beschlussentwurf vorgelegt, der eine Grundsatzentscheidung zum Anwendungsbereich der künftigen ITR verlangt. Erst wenn darüber Einigkeit herrsche, soll über die Substanz weiter verhandelt werden, lautet die Forderung aus Nordamerika. Trotz des versöhnlichen Konferenzauftakts dürfte es also gleich in den ersten Plenardebatten streitig zur Sache gehen. Dabei setzt Touré entschieden auf einen Konsens auch für die künftigen ITR, bei der ITU wird in der Regel nicht abgestimmt.

Kampfeslustig gab sich der um Ausgleich bedachte Touré wahrlich mit Blick auf Google. Es sei unehrlich, selbst zur Konferenz anzureisen und gleichzeitig per Webkampagne die Nutzer dazu aufzufordern, ihre Stimme gegen die Konferenz zu erheben, meinte Touré. Googles Sorge um Mittelständler in Entwicklungsländern – die Opfer möglicher neuer, Netzbetreiber-freundlicher Abrechnungsvorschriften sein könnten – kommentierte Touré fast höhnisch mit dem Verweis, Googles Geschäftsmodell stünde in vielen Ländern wie Frankreich, Brasilien, Deutschland und Australien auf dem Prüfstand, da befürchtet werde, dass Google seine Macht missbrauche. Damit bezieht sich Touré klar auch auf die Debatte ums deutsche Leistungsschutzrecht.

Die täglichen Pressekonferenzen und viele der Sitzungen des WCIT können live im Web verfolgt werden.

Ein auch online verfügbarer Artikel in der aktuellen c't 26/2012 verdeutlichet Hintergründe und Interessenlagen zur World Conference on International Telecommunications:

Eine Themenseite versammelt die Berichte von heise online zur WCIT:

(mho)