CES

Blu-ray Disc Association: Die schwere Bürde des vorzeitigen Sieges

Auf ihrer CES-Pressekonferenz setzte die Vereinigung hinter dem HD-Disc-Format alles daran, den Eindruck zu vermeiden, dass man nur wegen Warners Abkehr vom Konkurrenzformat HD DVD die Nase vorn hat.

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Von
  • Nico Jurran

Wer gedacht hatte, die Vertreter der Blu-ray Disc Association (BDA) würden ihre erste Pressekonferenz nach der Abkehr des bislang neutralen Studios Warner Home Entertainment vom Konkurrenzformat HD DVD mit einem breiten Grinsen auf den Gesichtern und Siegerposen abhalten, wurde auf der CES eines Besseren belehrt. Zwar stellte BDA-Sprecher Andy Parsons den Vertreter von Warner Ron Sanders schmunzelnd mit dem Satz vor: "An ihn werden Sie vielleicht später einige Fragen haben", fiel danach aber gleich wieder in einen überaus sachlichen Ton zurück.

So wurde bereits frühzeitig deutlich, auf welchen Kurs sich die anwesenden Vertreter der Hollywood-Studios geeinigt hatten: Man wollte auf jeden Fall klarstellen, dass das eigene HD-Disc-Format auch ohne Warners Entscheidung den Sieg gegen die HD DVD davongetragen habe. Gleich mehrere Sprecher wiesen so beispielsweise darauf hin, dass sich Blu-ray-Titel in den USA in jeder Woche des Jahres 2007 besser verkauft haben als das Konkurrenzformat. Auf Monatsbasis habe das schlechteste Verhältnis von Blu-ray Disc gegenüber HD DVD immer noch bei 59 zu 41 Prozent gelegen (September), während man in der Spitze auf 74 zu 26 Prozent gekommen sei (März). Betrachte man das gesamte vergangene Jahr, so habe das Verhältnis 64 zu 36 Prozent für das eigene Format betragen. Und die USA stelle diesbezüglich laut Sanders nicht die Ausnahme dar, sondern die Regel: Die globalen Softwareverkäufe hätten sich 2007 zu 66 Prozent auf die Blu-ray Disc und zu 34 Prozent auf die HD DVD verteilt.

Nach dem Wechsel sind freilich 70 Prozent der Hollywood-Studios der Veröffentlichung auf Blu-ray Disc vorbehalten. Auf dieser Basis habe laut Danny Kayne, Executive Vice President von 20th Century Fox Home Entertainment, der Blu-ray-Markt nun auch die Chance, 2008 rapide zu wachsen. Wurden 2007 in den USA gerade einmal 500.000 Stand-alone-Player für dieses Format verkauft und 3 Millionen Blu-ray-fähige Spielkonsolen vom Typ Sony Playstation 3, so geht die BDA nun davon aus, dass 2008 noch einmal 2 Millionen Player und 4 Millionen PS3s hinzukommen. Nach 5,6 Millionen Blu-ray-Titeln im vergangenen Jahr sollen sich noch einmal 40 Millionen Titel im laufenden Jahr an die Amerikaner bringen lassen. In 3 bis 4 Jahren könne daher der Punkt erreicht sein, an dem die Blu-ray Disc in den USA mit der DVD bezüglich der Verbreitung gleichzieht.

Kayne gab jedoch auch zu bedenken, dass sich dieser Erfolg nicht automatisch von alleine einstelle. Die BDA werde daher permanent an der Weiterentwicklung des Formats arbeiten. Er widersprach damit auch Kritikern, die angemerkt hatten, dass die BDA bislang nur auf Entwicklungen des HD-DVD-Lagers reagiert habe und nach dem Sieg nun in eine Art Lustlosigkeit verfallen könne. David Bishop von Sony Pictures Home Entertainment führte dazu konkret aus, dass beispielsweise geplant sei, dem Käufer einer Blu-ray Disc zu ermöglichen, auf seine Playstation Portable (PSP) legal eine DRM-geschützte und auf die Kopie angepasste Version des auf der BD-ROM enthaltenen Films zu ziehen. Erste Scheiben, die diese Funktion bieten, sollen Ende des Jahres in den US-Handel kommen. Auch die Online-Anbindung stehe weiterhin ganz oben auf der Agenda.

Ron Sanders von Warner Home Entertainment ging abschließend lediglich darauf ein, wie man die Blu-ray Disc zukünftig noch besser vermarkten wolle. Dass er sich danach bis zum Ende der Pressekonferenz entspannt zurücklehnen konnte, ist allerdings vor allem ein "Verdienst" der Journalisten, die während der anschließenden Fragerunde zum Zuge kamen. Lediglich ein Journalist bohrte bezüglich des Gerüchts möglicher Zahlungen an Warner nach, die Sanders jedoch scherzhaft mit dem Satz "I wish" verneinte – um danach zu erklären, dass jegliche denkbare Summe bei dem jährlichen Gesamtumsatz des Unternehmens von 42 Milliarden US-Dollar ein "Tropfen im Ozean" wäre.

Statt weitere naheliegende Fragen bezüglich der Gründe und Auswirkungen der Wechselentscheidung zu stellen, wollten die übrigen Fragesteller beispielsweise Auskunft darüber erhalten, wann die Fernsehserie "Seinfeld" denn nun auf Blu-ray Disc erscheine und ob die anstehende Blu-ray-Info-Tour auch in mittelgroße US-Städte führen wird. Nach dem offiziellen Ende der Pressekonferenz gelang es heise online wenigstens noch, Sanders zu fragen, ob Warner mit dem kompletten Wechsel zur Blu-ray Disc auch Regionalcodes für die kommenden Scheiben einführe. Dies wurde von dem Warner-Sprecher mit der Begründung verneint, dass man an einer derartigen Sicherung allgemein nicht mehr interessiert sei.

Von Sonys David Bishop ließ sich noch in Erfahrung bringen, dass die PSP-Kopie zunächst nur mit einer Playstation 3 angefertigt werden können wird, da das Unternehmen nicht davon ausgeht, dass es bis zur Einführung andere Player geben wird, die die nötigen Transfer- und DRM-Funktionen bieten. Noch unklar sei, ob Sony für die Kopie eine Gebühr erhebe. Dank des digitalen Rechtemanagements ließe sich aber auf jeden Fall für das Studio erkennen, welcher Anwender wie viele Kopien ziehe. (nij)