Die Woche: Fast perfektes Linux-Ultrabook

Dell hat beim Entwickler-Ultrabook mit Ubuntu zwar vieles richtig gemacht – eine Reihe von Anzeichen sprechen aber leider gegen den Markterfolg des Notebooks.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis

Dell, ich wünsche euch Erfolg mit eurem Ultrabook für Entwickler, das ihr mit vorinstalliertem Linux seit einigen Tagen in Nordamerika und vielleicht bald auch hier verkauft. An einen Markterfolg, der zur Etablierung dieses Angebots führt, glaube ich allerdings nicht. Leider.

Dabei hat Dell beim "Dell XPS 13 Laptop, Developer Edition" vieles richtig gemacht. Etwa die Zielklientel klar abgesteckt und das Angebot darauf ausgerichtet. Entwickler gehören nicht zu den einkommensschwachen Berufsgruppen und sind daher auch in der Lage, 1.500 US-Dollar für ein Ultrabook locker zu machen, das ihre Ansprüche erfüllt. Bei Notebooks dieser Preisklasse ist auch die Marge größer als bei Low-End-Hardware – solche hat Dell bereits eine Weile mit Ubuntu Linux verkauft, das Angebot dann aber mangels Erfolg langsam und leise eingestellt.

Leider hat Dell aber auch Fehler gemacht. So dürften viele Entwickler über die Bildschirmauflösung von 1366 x 768 die Nase rümpfen, denn beim Handhaben von Entwicklungsumgebung, Konsolen-Fenstern, Browsern mit API-Beschreibungen und der Oberfläche der entwickelten Software erleichtern mehr Bildpunkte die Arbeit erheblich – das ist ein Grund, warum so mancher Linux-Entwickler scharf auf das MacBook Pro mit Retina-Display ist.

Cloud-Software zu entwickeln und beizulegen ist auch eine Idee Dells, die die Attraktivität des Ultrabooks letztlich nicht steigert. Häufig ist von Hardware-Herstellern entwickelte Software nämlich Mist. Und selbst, wenn das in diesem Fall mal nicht so sein sollte: Der Code unterliegt einer Open-Source-Lizenz – fortgeschrittene Anwender und insbesondere die Zielklientel des Ultrabooks können sich die Software daher auch eigenhändig einrichten.

Sicher werden einige Linux-Nutzer bei der Suche nach einem Ultrabook nun Dell ansteuern, um das Unternehmen bei seinem Projekt zu unterstützen. Aber: Einige der an Linux-Anwender verkauften Ultrabooks werden in Dells Verkaufsstatistiken nicht als Linux-Gerät, sondern als Windows-System eingehen. So mancher Käufer wird nämlich bemerken, dass das Notebook mit Windows-Lizenz ungefähr dasselbe kostet – warum also das Ultrabook nicht mit Microsofts Betriebssystem kaufen und den von Dell für das Gerät entwickelten Ubuntu-Ableger kostenlos aus dem Netz laden? So hat man zwei Betriebssysteme statt einem – vielleicht ist die Windows-Lizenz ja früher oder später zu was gut. Man hat dann zwar keinen Dell-Support für das selbstaufgespielte Ubuntu, aber gerade Linux-Anwender und Entwickler dürfte das vielfach nicht jucken.

Und dann wird es die Linux-Anwender geben, die kein Ubuntu 12.04 wollen. Beim Einspielen eines neueren Ubuntu oder einer anderen Distribution ist fürs Erste jedoch zeitraubende Nacharbeit durch den Anwender nötig, denn es gibt bekannte Probleme mit der Helligkeitsregelung des XPS 13 (1, 2). Dell hat das zusammen mit Canonical behoben – es wird aber eine Weile dauern, bis die Korrekturen in neue Kernel-Versionen und gängige Linux-Distributionen eingezogen sind. Das gilt ähnlich auch für den Touchpad-Treiber, der im Ubuntu-Image von Dell und dem Kernel neuerer Ubuntu-Versionen enthalten ist, schließlich hat der für solche Treiber zuständige Kernel-Entwickler den vor einigen Wochen gezeigten Treibercode als "weird" kritisiert und abgelehnt.

Zusammengenommen stehen die Sterne für einen Erfolg daher eher schlecht. Aber wer weiß, vielleicht wird es doch ein Erfolg. Gerne sehen würde ich es ja eigentlich durchaus. (thl) (thl)