Bundesrat soll Urheberrechtsnovelle nicht passieren lassen

Das Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" hat die Länderkammer aufgefordert, dem "2. Korb" der neuen Regeln zum Schutz von Kreativen nicht zuzustimmen und den Vermittlungsausschuss einzuberufen.

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Das Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" hat den Bundesrat aufgefordert, dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetzesentwurf zur zweiten Stufe der Urheberrechtsreform nicht zuzustimmen. Die Länderchefs sollen vielmehr in ihrer Plenarsitzung am Freitag entgegen der Empfehlung der Ausschüsse des Gremiums den Vermittlungsausschuss anrufen. Zur Begründung schreibt die Vereinigung in einem Brief (PDF-Datei) an die Länderkammer, dass das Gesetz in der letzten Phase der parlamentarischen Beratung trotz einer bereits ungünstigen Ausgangsbasis im Regierungsentwurf eher noch zuungunsten von Bildung und Wissenschaft verschärft worden sei. Nur geringfügig seien Vorschläge von Seiten der Wissenschaft – und auch des Bundesrates selbst – aufgenommen worden. Die berechtigten Bedürfnisse von Bildung und Wissenschaft, die auch allgemein im öffentlichen Interesse lägen, hätten die Abgeordneten dagegen "weitgehend außer Acht gelassen".

Die Allianz geht davon aus, dass die schon in der letzten Zeit "dramatisch gestiegenen Kosten" für die Bereitstellung und Nutzung digitaler Informationsmaterialien für Bildung und Wissenschaft mit dem so genannten 2. Korb weiterhin in die Höhe schnellen. Verantwortlich dafür macht sie vor allem die Paragraphen 52b und 53a des Entwurfs, welche die Bereitstellung elektronischer Materialien durch die Bibliotheken an digitalen Leseplätzen und den elektronischen Dokumentversand regeln sollen. Beide Normvorschriften seien den Anforderungen und Verhaltensformen von Schulen, Universitäten oder Bibliotheken in elektronischen Umgebungen "völlig unangemessen". Die bereits mit hohen Millionenbeträgen von Bund und Ländern aufgebaute technische Infrastruktur etwa zum elektronischen Dokumentenversand über den Bibliothekendienst subito werde in Zukunft wohl nur unzureichend genutzt werden können. Lediglich Arbeit mit Papier und Bleistift, beklagt der Sprecher des Aktionsbündnisses, der Konstanzer Informationswissenschaftler Rainer Kuhlen, "hält der Gesetzgeber für unproblematisch verträglich mit den Verwertungsinteressen der Verlagswirtschaft".

Offenbar besteht, so meint Kuhlen, der politische Wille, der Informationswirtschaft die alleinige Zuständigkeit für die Informationsversorgung der Allgemeinheit zuzugestehen. Angesichts dieser Haltung sollten sich die Länder aber auch im Klaren sein, dass es sich bei dem ihnen vorgelegten Entwurf nicht um das von der großen Koalition angestrebte "bildungs- und wissenschaftsfreundliche Urheberrecht" handle und mit den dann zu zahlenden Marktpreisen für elektronische Informationsdienste "Alles sehr viel teurer werden wird". Unabhängig von der Einberufung des Vermittlungsausschusses bittet das Aktionsbündnis zudem den Bundesrat, auf einen raschen Beginn der Arbeiten an dem vom Bundestag in Aussicht gestellten "3. Korb" zu pochen und darin die Belange von Bildung und Wissenschaft besser zu berücksichtigen. Man sei dabei auf "einen gänzlich neuen Ansatz bei der Regulierung durch das Urheberrecht angewiesen".

Zur Diskussion um das Urheberrecht, das geistige Eigentum, Tauschbörsen und illegale Kopien sowie um die Urheberrechtsnovellierung siehe die Übersicht mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln und zu den Gesetzesentwürfen und -texten:

(Stefan Krempl) / (jk)