Dolderer zurück an Denic-Spitze

Die erst im März nach Streitigkeiten entlassene langjährige Vorstandsfrau Sabine Dolderer führt die .de-Registry ab Oktober erneut an. Ihr zur Seite steht künftig Jörg Schweiger als neuer CTO (Chief Technology Officer).

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Von
  • Monika Ermert

Die Denic eG hat ein neues Führungs-Duo. Auf den Posten des CEO (Chief Executive Officer) berief der Aufsichtsrat der .de-Registry die erst im März entlassene langjährige Vorstandsfrau Sabine Dolderer. Als CTO (Chief Technology Officer) fungiert künftig der nicht aus dem Domain-Geschäft kommende Jörg Schweiger. "Wir glauben, dass die unruhigen Zeiten bei der Denic jetzt vorbei sind", erklärte der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Elmar Knipp, gegenüber heise online. Knipp hatte sich nach der vom damaligen Denic-Aufsichtsrat hinter verschlossenen Türen gefallenen Entscheidung gegen Dolderer im Frühjahr aus dem Gremium zurückgezogen, um bei der turbulenten Aufsichtsratswahl im Mai gegen seine Kollegen anzutreten. Dabei wurde der Aufsichtsrat mit Ausnahme von Knipp komplett ausgewechselt.

So rasant wie Dolderer damals abgesetzt wurde, so schnell wird sie nun auch wieder inthronisiert: Bereits am ersten Oktober lösen die beiden neuen geschäftsführenden Vorstandsmitglieder das im März zurückgebliebene Vorstandsduo Stephan Deutsch und Andreas Bäß ab. Deren Arbeitsverträge laufen zwar noch bis Ende Dezember, man habe aber den neuen Vorstand bereits in die laufenden Budgetverhandlungen einbeziehen wollen, sagte Knipp. Deutsch und Bäß habe man fristgerecht gekündigt. Unstimmigkeiten zwischen Deutsch, Bäß und Dolderer waren damals als Begründung für die Trennung von Dolderer angegeben worden. Bäß und Deutsch hatten sich als Team ebenfalls wieder beworben.

Beim neuen Auswahlverfahren mit insgesamt 89 Bewerbern sei man bewusst nach dem Prinzip "lost memory" vorgegangen, sagte Knipp. "Was in der jüngsten Vergangenheit, auch was an Unschönem passiert ist, haben wir ausgeblendet", erläuterte Knipp. Für ein erstes "Screening" der Bewerber habe man auch die Dienste des Personalmanagement-Spezialisten MOD in Anspruch genommen. Bei den 16 durchgeführten Auswahlgesprächen hätten er selbst und Tom Keller, beide langjährige Kenner der Denic-Vorstands- und Aufsichtsratsarbeit, die Bewerber unter die Lupe genommen, die nicht aus dem Dunstkreis der Denic gekommen seien. Johannes Loxen und Alexander Schwertner hätten die Gespräche mit den Denic-nahen Bewerbern geführt. Eine Kombination habe man für die Denic ebenso als sinnvoll erachtet wie das Verständnis der beiden neuen Vorstände untereinander.

Für Dolderer sprach laut Knipp unter anderem die lange Erfahrung, sie sei über die Maßen erfahren auf der internationalen Bühne des Domain-Geschäfts. Neuzugang Schweiger sei in verantwortlichen Positionen bei Siemens und dem Versicherer HDI tätig gewesen, habe Erfahrung mit der Gestaltung und dem Umzug von Rechenzentren und bringe vor allem Know-how im Bereich Hochverfügbarkeitssysteme mit. Für den Rechenzentrums-Umzug der Denic kommt Schweiger wohl zu spät, trotzdem sah man in seiner Spezialisierung die richtige Ergänzung. Beide hauptamtlichen Vorstände bekommen zunächst einen Drei-Jahresvertrag. "So lange ist auch die Amtszeit des Aufsichtsrats, dann müssen die beiden neu verhandeln," sagte Knipp.

Der Ausgangspunkt des Streits um die Führungsspitze der weltweit größten Länder-Domain ist laut Knipp erst einmal passé. Die Positionierung der Denic im weltweiten Registry-Markt war laut damaligen Informationen ein Grund für das große Zerwürfnis gewesen. Soll die Denic sich allein auf ihre Arbeit als .de-Registry konzentrieren? Oder soll sie sich auch um andere Adresszonen bewerben, um Synergieeffekte zu erzielen und die .de-Adressen so gleichbleibend günstig anbieten zu können? "Die Frage stellt sich heute nicht mehr", meint Knipp, "denn derzeit gibt es einfach keine große Adresszone, um die Denic sich bewerben könnte." Mit der Bewerbung um .net war die Denic eG damals gescheitert. Weitere Bewerbungen um andere Zonen waren in der Vergangenheit zumindest angedacht. Man kann davon ausgehen, dass zumindest diese Debatte der Denic erhalten bleibt. (Monika Ermert) / (pmz)