Das Web 2.0 als Informationsquelle für US-Geheimdienste

Der Direktor des vor zwei Jahren gegründeten Open Source Center des nationalen Geheimdienstchefs der USA gab in einer Rede über die Methoden der Informationsbeschaffung Auskunft.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 23 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Florian Rötzer

Vor zwei Jahren nahm das Open Source Center (OSC) des nationalen Geheimndienstchefs (DNI) der USA seine Arbeit auf. Das OSC löste den Foreign Broadcast Information Service (FBIS) der CIA ab, der übersetzte, was an möglicherweise Interessantem in Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehsendungen oder im Internet veröffentlicht wurde. Wer bei dem Begriff "Open Source" in dem Namen der Behörde an freie oder quelloffene Software denken sollte, liegt falsch: Die CIA will sich neuen Möglichkeiten anpassen und vermehrt die legal zugänglichen Datenquellen nach brauchbaren Informationen durchstöbern. Das Ziel der neuen, aufgrund der mangelhaften Geheimdienstarbeit geschaffenen Behörde ist es, auch die offen zugänglichen Datenquellen nach brauchbaren Informationen gemäß der Devise zu durchstöbern, dass nicht nur gestohlene Informationen wertvoll sein können.

Nach Auskunft des OSC-Direktors Doug Naquin, der auch schon dem abgeschafften CIA-Dienst vorstand, verarbeite das OSC mehr Informationen als sein Vorgänger und erkunde die neuen Medien, schließlich müsse man schneller als die Medien sein. Hatte Naquin vor zwei Jahren noch gesagt, dass man etwa auch bedruckte T-Shirts in Südostasien sammeln und nach "grey data" durchsuchen wolle, so hat man nun offenbar YouTube im Visier, wo es "einzigartige und authentische Informationen" gebe.

Naquin meint in einer Rede, die nun Steven Aftergood von der FAS veröffentlicht hat, dass man YouTube mittels "Methoden" untersuche, die er aber nicht näher schilderte. Zudem würden Chat-Räume abgesucht, ganze Gruppen würden "citizen media" beobachten, die Noaquin so darstellt: "Menschen machen Bilder mit ihren Handys und stellen sie ins Internet." Im Visier des OSC befinden sich auch die "Social Media" wie MySpace oder Blogs und nicht zuletzt die mobilen Medien: "In Afrika wurde eine ganze Generation der Kommunikationstechnik übersprungen. Die Menschen tragen ihre Fotoalben mit sich herum und teilen sie mit anderen. Ihre Handys sind ein großer Teil ihres Lebens."

Weiter erklärte Naquin, dass man das Internet mit Techniken durchsuche und analysiere, die weit über "Googlen" hinausgehen. So werden große Teile des Internets gespeichert und mit einer Analyse von Links oder durch maschinelle Übersetzung nach "Nuggets" durchsucht. Man kauft sich auch in Datenbanken wie Lexis-Nexis oder Stratfor ein. Man habe es geschafft, meint Naquin in seiner Rede, einige Trends als erste zu erkennen. Als Beispiel nennt er die iranischen Blogs, deren Bedeutung das OSC ein halbes Jahr vor anderen erkannt habe. Die Printmedien sieht der OSC-Chef übrigens im Niedergang, da sich die Menschen ihre Informationen mehr und mehr online holen würden, die junge Generation sowieso nicht so viel lesen möge und allgemein mehr Interaktion erwartet werde. (fr)