LG Braunschweig: Keine Markenrechtsverletzung durch Google AdWords

Seit Langem streiten sich Gerichte um die Frage möglicher Markenrechtsverletzungen bei Google AdWords. Für Aufsehen dürfte nun ein Urteil des Landgericht Braunschweig sorgen, das unter bestimmten Voraussetzungen eine Markenrechtsverletzung verneint.

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Von
  • Dr. Marc Störing

Seit Langem streiten sich Gerichte um die Frage möglicher Markenrechtsverletzungen bei Google AdWords. Für Aufsehen dürfte nun ein Urteil des Landgericht (LG) Braunschweig sorgen, welches unter bestimmten Voraussetzungen eine Markenrechtsverletzung verneint (LG Braunschweig, Urteil vom 30. 1. 2008 – 9 O 2958/07 (445)). Denn bisher war gerade das LG Braunschweig federführend bei der Bejahung einer Markenrechtsverletzung.

Das AdWords-Programm blendet kontextabhängig neben und über den Ergebnissen einer Suchanfrage Textanzeigen ein. In welchem Zusammenhang diese Werbeeinblendungen erscheinen sollen, legt der Werbende durch so genannte Keywords fest. Sucht der Google-Nutzer nun nach einem dieser Worte, erscheint auch die Anzeige.

Sehr umstritten ist die Frage, wie die Buchung solcher Keywords zu bewerten ist, die ein Dritter als Marke angemeldet hat. Kurz: Dürfte etwa Adidas nicht nur "Turnschuhe", sondern auch "Nike" als Keyword buchen oder läge darin eine Markenrechtsverletzung? Zwar sind derzeit verschiedene Verfahren dazu beim Bundesgerichtshof (BGH) anhängig – eine Entscheidung aus Karlsruhe liegt jedoch nicht vor. Und ohnehin wird den einzelnen Gerichten die Beurteilung dadurch erschwert, dass Google verschiedene Optionen anbietet, die die Werbeeinblendungen weiter steuern. Nutzt der Werbende etwa die Funktion "weitgehend passende Keywords", erscheint die Anzeige auch dann, wenn die Suchanfrage nicht exakt dem Keyword entspricht. Andererseits erlaubt etwa "genau passende Keywords", die Schaltung der Anzeige weiter einzugrenzen: Sucht der Anwender nach "leckere Schokolade", erschiene die Anzeige nicht, obwohl "Schokolade" als Keyword gebucht wurde.

Während Google mit der Vermarktung der Anzeigen einen Großteil seiner Einnahmen erwirtschaftet, bereitet das System auch international (etwa in den USA oder in Österreich) den Juristen Kopfzerbrechen und resultierte bisher in einer uneinheitlichen Beurteilung. In Deutschland bejahte insbesondere das LG Braunschweig eine Markenrechtsverletzung, während zahlreiche andere Gerichte, etwa das OLG Köln oder das OLG Düsseldorf eine Markenrechtsverletzung verneinten. Diese Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung stellt bislang für Werbende ein erhebliches Problem dar. Denn aufgrund des so genannten "fliegenden Gerichtsstands" nach § 32 Zivilprozessordnung (ZPO) kann der klagende Markeninhaber praktisch ein Gericht frei wählen. Mehrere dutzend Verfahren sind deshalb derzeit in Braunschweig nach Aussage des Gerichts anhängig. Besonders kleineren und schwächeren Wettbewerbern dürfte in der Praxis häufig das finanzielle Durchhaltevermögen fehlen. Und bisher erwies sich dabei das LG Braunschweig als verlässliches Gericht für die Markeninhaber.

Für erhebliche Unruhe unter den Klägern dürfte damit nun die aktuelle Entscheidung des Gerichts sorgen. Denn erstmals verneinten die Braunschweiger eine Markenrechtsverletzung. In dem nun entschiedenen Fall vertrieb die Klägerin über einen so genannten "MOST-Shop" Schokoladenprodukte. Mit www.kleefelder-kaffeeklatsch.de betrieb auch die Beklagte aus Hannover einen Onlineshop, unter anderem eben auch für Schokoladenprodukte. Suchte ein Google-Nutzer nach "MOST Schokolade", erhielt er auch eine Werbung der Beklagten. Damit sah jedoch die Klägerin aus Sarstedt, Inhaberin der Marke "MOST", ihre Markenrechte verletzt und klagte in Braunschweig.

Tatsächlich hatte die Beklagte die Standardoption "weitgehend passende Keywords" genutzt. Das Gericht geht dabei offenbar davon aus, dass durch diese Option weitere Keywords den tatsächlich gebuchten hinzugefügt und somit ebenfalls benutzt werden. Nach bisheriger Auffassung der Richter lag eine Markenrechtsverletzung deshalb in solchen Fällen bereits dann vor, wenn ein Werbetreibender nicht sicherstellte, dass seine Anzeige bei der Suche nach geschützten Begriffen nicht erscheint, indem er so genannte "ausschließende Keywords" oder die Funktion "genau passende Keywords" verwendet .

Von dieser strengen Vorgabe ist das Gericht jetzt zugunsten der Werbenden abgekehrt. Für die Bejahung einer Markenrechtsverletzung verlangt Braunschweig nunmehr, dass der Werbetreibende den geschützten Begriff tatsächlich als Keyword benutzt. Genau dies konnte der Kläger im vorliegenden Fall nicht beweisen; damit erlitt erstmals ein Markeninhaber Schiffbruch in Braunschweig. Die Kläger der zahlreichen, weiteren anhängigen Verfahren dürfte dies aufhorchen lassen. (Dr. Marc Störing) / (jk)