Branchenriese TUI kündigt Vertrag mit Unister fristlos

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Unister wirken sich jetzt auch auf die Geschäfte des Reisevermittlers aus. Branchenriese TUI hat den Vertrag mit den Leipzigern fristlos gekündigt.

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  • dpa

Wegen der staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen die Unister-Gruppe hat TUI Deutschland den Agenturvertrag mit dem Leipziger Online-Reisevermittler fristlos gekündigt. „Das bedeutet, dass es ab sofort keine TUI-Produkte mehr über die Unister-Portale ab-in-den-Urlaub.de und fluege.de zu kaufen gibt“, sagte TUI-Sprecher Mario Köpers am Dienstag in Hannover. „Wir sind Qualitäts- und Marktführer. Eine Zusammenarbeit mit einem Vermittler, der im Verdacht der massiven Steuerhinterziehung und auch der Datenschutzverletzung steht, kommt für uns nicht infrage.“

Unister wurde durch recht aggressive TV- und Online-Werbung bekannt, die mit mehr oder weniger prominenten Persönlichkeiten arbeitet; für fluege.de etwa hält der ehemalige Fußballmanager Reiner Calmund sein Gesicht in die Kamera, für travel24.com die TV-Moderatorin Sonya Kraus und für ab-in-den-urlaub.de der ehemalige Kapitän der deutschen Fußballnationalmannschaft, Michael Ballack.

Für Unister dürfte die Kündigung von TUI ein Schlag ins Kontor sein. TUI-Sprecher Köpers machte zwar keine Angaben, wie viele Reisen über die Portale der Leipziger verkauft wurden, sagte aber: „Unister ist ein großer Player im Online-Markt. Wir verzichten definitiv auf eine ganze Menge Umsatz, um nicht in diesen Sumpf hineinzugeraten.“

Unister-Sprecher Konstantin Korosides erklärte dagegen, der TUI-Anteil am Reiseumsatz der Leipziger liege "im einstelligen Prozentbereich". „Unister arbeitet mit über 100 Reiseveranstaltern und Leistungsträgern zusammen. Deshalb werden wir hier entsprechende Alternativangebote problemlos dem Endkunden zur Verfügung stellen können.“ Man bedauere den Schritt von TUI. Er komme jedoch nicht überraschend, “da die Branche seit längerem darüber spekuliert, ob die TUI aus strategischen Gründen die Zusammenarbeit mit Online-Fremdportalen beenden möchte. Auch in anderen europäischen Ländern sehen wir diese Entwicklung.“

Die sächsische Generalstaatsanwaltschaft ermittelt gegen Unister wegen des Verdachts der illegalen Geschäftemacherei und des Steuerbetrugs. Auf ihren Reiseportalen sollen die Leipziger ohne Genehmigung Versicherungsprodukte verkauft haben. Drei führende Unister-Manager waren in der vergangenen Woche nach einer Razzia verhaftet worden.

Laut Köpers hatte TUI schon der Vergangenheit Ärger mit Unister, weil der Online-Vermittler gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der TUI verstoßen habe. Unister habe von den Kunden bei Buchung 100 Prozent des Reisepreises kassiert, und nicht wie von TUI vorgesehen 25 Prozent. Zugleich seien aber zunächst nur die 25 Prozent an TUI weitergereicht worden. „Da liegt der Verdacht nahe, dass mit dem Kundengeld gearbeitet wurde“, sagte Köpers.

Am Dienstag saßen alle drei Unister-Manager noch in U-Haft. Das Amtsgericht Dresden hatte jedoch am Montag den Haftbefehl gegen einen der Männer außer Vollzug gesetzt, wenn eine Kaution gezahlt werde. Bislang sei das Geld jedoch nicht hinterlegt worden, sagte Wolfgang Klein, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. Die Ermittlungsbehörde hat zudem Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgericht eingelegt. Sie sieht weiter eine Verdunkelungsgefahr und will erreichen, dass alle Unister-Chefs in U-Haft bleiben. Über die Beschwerde muss das Landgericht Dresden entscheiden. Damit sei in den nächsten Tagen zu rechnen.

Im Sommer war schwere Kritik an Unister laut geworden. Die Verbraucherzentrale Sachsen warnte öffentlich vor dem Portal fluege.de, wo bei der Buchung versteckte Gebühren aufgeschlagen würden. Unister-Chef Wagner wies die Anschuldigungen zurück. Computerbild wiederum hatte schwere Vorwürfe gegen den Portalbetreiber erhoben, da er mit frei erfundenen Preisreduzierungen, heimlich aufgeschlagenen Service-Geldern, Klick-Fallen bei Urlaubsbuchungen und anderen Schwindeleien abkassiere. Unister wehrte sich mit einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung gegen den Bericht – als Reaktion darauf hatte die Redaktion betont, man halte an den Vorwürfen fest. ()