RobArch: Der kreative Roboter in Architektur, Kunst und Design

"Robotic Fabrication in Architecture, Art, and Design": Experten diskutierten die kreative Nutzung von Robotern, die mehr Individualität verpicht, aber auch reichlich Stolpersteine bietet.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

In Wien ist unter dem Titel RobArch die erste Konferenz über "Robotic Fabrication in Architecture, Art, and Design" zusammengekommen. Die kreative Nutzung von Robotern verspricht mehr Individualität, bietet aber auch reichlich Stolpersteine.

83 verschiedene Formen benötigten die Künstler Clemens Neugebauer und Martin Kölldorfer für den Bogen, durch den der Bulle springt - sie lösten die Aufgabe mit Roboterhilfe.

(Bild: Clemens Neugebauer, Martin Kölldorfer)

Über die meisten Lacher konnte sich Clemens Neugebauer freuen. Mit einiger Selbstironie schilderte der österreichische Künstler, wie er zusammen mit Martin Kölldorfer im Auftrag des "Red Bull"-Gründers Dietrich Mateschitz die stählerne Skulptur eines Bullen schuf, der durch einen über 17 Meter hohen Aluminium-Bogen springt. Das Vorhaben hatte mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ein Problem etwa war es, 83 verschiedene Formen anzufertigen, mit denen die Bauteile für den Bogen gegossen werden sollten. Die beiden Künstler entschlossen sich, dafür einen Roboter zu verwenden und konnten in München einen gebrauchten Industrieroboter zum relativ günstigen Preis von 20.000 Euro erwerben. "Als wir ihn in Betrieb nehmen wollten, stellten wir fest, dass wir dafür auch Software brauchen", sagte Neugebauer. Die hätte aber locker noch mal so viel gekostet.

In dieser Situation half ihnen die Ende 2010 gegründete Association for Robots in Architecture, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Industrieroboter der Kreativindustrie zugänglich zu machen. So konnte die Skulptur, nachdem Neugebauer zwischenzeitlich darüber nachgedacht hatte, "nach Albanien zu verschwinden", doch noch fristgerecht fertiggestellt werden und schmückt heute eine Auto-Rennstrecke bei Spielberg in der Steiermark.

Die launige Geschichte ist nur ein Beispiel für die vielfältigen Schwierigkeiten, die sich dem Einsatz von Robotern in Architektur, Kunst und Design entgegenstellen. Das größte Problem ist die Bedienung. Als Ralph Bärtschi von der Zürcher ROB Technologies AG beklagte, wie unglücklich er mit den von der Robotikindustrie zur Verfügung gestellten Programmiersprachen sei, antwortete ihm denn auch spontaner Applaus der Konferenzteilnehmer.

Interfaces, die eine Steuerung von Robotern in Echtzeit ermöglichen, stehen ganz oben auf der Wunschliste von Architekten und Künstlern. Kristy Balliet etwa, Professorin für Architektur an der Ohio State University, möchte mit dem Roboter in einen Dialog treten können, um die Möglichkeit zu haben, Fehler sofort zu korrigieren. Mit den derzeit verfügbaren Industrierobotern, die erst ein komplettes Programm abarbeiten, bevor das Ergebnis überprüft werden kann, könne sie nichts anfangen. Auch die bei einer Podiumsdiskussion erhobene Forderung, Architekturstudenten frühzeitig die Roboterprogrammierung beizubringen, konnte sie nicht aus vollem Herzen unterstützen.

Zugleich sah aber auch Balliet die Notwendigkeit, sich mit der Technologie zu beschäftigen, bietet sie doch enorme Möglichkeiten. Richard Dank und Christian Freissling von der Technischen Universität Graz sehen im Roboter denn auch "die ultimative CNC-Maschine". Auf der Konferenz berichteten sie von einem Projekt in Graz, bei dem mithilfe von Robotern ein unregelmäßig geformter Holzpavillon aus fünfeckigen Bauteilen gebaut wurde, von denen keines dem anderen gleich war. Die Holzteile wurden zudem ohne Klebstoff oder andere Hilfsmittel miteinander verbunden, sondern ausschließlich durch Steckverbindungen.

Der zwölf Meter durchmessende Pavillon am Institut for Computational Design der Universität Stuttgart, der mit Roboterhilfe gebaut wurde: Die 855 Bauteile werden ausschließlich durch 100.000 Steckverbindungen zusammengehalten.

(Bild: ICD - Institute for Computational Design, Universität Stuttgart)

Bei dem zwölf Meter durchmessenden Pavillon, der am Institut for Computational Design der Universität Stuttgart entstand, sind insgesamt 855 Holzplatten ebenfalls nur zusammengesteckt. Tobias Schwimm und Oliver David Krieg zeigten Videoaufnahmen, wie ein Roboter die dafür erforderlichen etwa 100.000 Keilzinken aus dem 6,5 Millimeter dicken Holz herausschnitt.

Die "mass customization" ist die große Stärke von Robotiktechnologien: Sie erlauben präzise Fertigungen nach individuellen Maßen, gepaart mit der Effizienz industrieller Massenproduktion. Das ermöglicht Ziegelbauten mit abenteuerlich geschwungenen Fassaden und Hochhaussiedlungen, in denen kein Gebäude, dem anderen gleicht. Fabio Gramazio und Matthias Kohler von der ETH Zürich zeigten Modelle im Maßstab 1:50, die sie für Wohnhochhäuser in Singapur mit Robotern errichtet haben. Dabei habe sich die Notwendigkeit gezeigt, die Roboter mit Sensoren auszustatten, um Unebenheiten ausgleichen zu können.

Kathrin Dörfler (TU Wien) und Romana Rust (TU Graz) sehen die Sensoren und Aktuatoren von Robotern als Mittler zwischen digitaler und physischer Welt. Mensch und Maschine sollten voneinander lernen, wünschen sie sich und zeigten Videoaufnahmen von faszinierenden Experimenten, bei denen Roboter kleine Holzstäbchen stapelten, Fäden abwickelten und Bilder malten. Besonders spannend werde es, so Dörfler und Rust, wenn die Perfektion der Roboterbewegungen auf unperfektes Material treffe. Soll man diese Abweichungen dann als zum Prozess gehörend akzeptieren oder korrigieren?

Die Teilnehmer der Konferenz haben jetzt knapp zwei Jahre Zeit, darüber nachzudenken. Im Oktober 2014 soll die zweite RobArch in den USA stattfinden. (jk)