Grimme-Institut sucht Qualität im Netz

Das Adolf-Grimme-Institut hat in Düsseldorf die Nominierungen für die siebten Grimme Online Awards bekannt gegeben. Darunter finden sich neben öffentlich-rechtlichen auch einige Blogs.

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Von
  • Torsten Kleinz

Zum siebten Mal begibt sich das Adolf-Grimme-Institut auf die Suche nach Qualität im Netz. Am heutigen Donnerstag präsentierte das Institut im Düsseldorfer Medienhafen die Online-Angebote, die Chancen auf den Grimme Online Award haben. Aus mehr als 1300 Vorschlägen hat die Nominierungskommission insgesamt 20 Angebote ausgewählt, die in die Endrunde kommen. Als Trend hat das Medien-Institut Videos im Netz identifiziert, kritisiert aber auch den fehlenden Mut der öffentlich-rechtlichen Sender bei ihren Netz-Angeboten.

In der Kategorie "Information" stechen zwei politische Angebote hervor. Auf der Seite Abgeordnetenwatch informieren zwei Bürgerinitiativen über sämtliche Bundestagsabgeordnete und bieten auch Kommunikationsmöglichkeiten mit den Volksvertretern. Als besonders couragiert würdigt die Nominierungskommission die Arbeit von Patrick Gensing, der in seinem NPD-Blog kontinuierlich über Aktionen und Strategien des modernen Rechtsextremismus informiert.

Im Bereich "Wissen und Bildung" dominieren multimediale Angebote. So fand die Jury die Heimatfilm-Seite des Bayerischen Rundfunks mit dem malerischen Titel Almenrausch und Bauernsterben als preiswürdig. Dem Thema Migration widmen sich gleich zwei nominierte Projekte: Die Flüchtlingsorganisation der Vereinten UNHCR bietet Jugendlichen auf der Webseite Last Exit Flucht einen spielerischen Zugang zum Thema, während das migration-audio-archiv authentische Migrationsgeschichten dokumentiert.

Im Bereich "Kultur und Unterhaltung" wurde das interaktive Design-Magazin Spoonfork neben dem Design-Ableger von Spiegel Online, Designklicks, nominiert. Der klassischen Kultur widmet sich die Online-Journalistin Monika Porrmann, die auf ihrer Webseite mit dem Titel Nach 100 Jahren die Briefwechsel von Annette von Droste-Hülshoff in ein Weblog übertragen hat und beispielsweise die Reisen der Schriftstellerin per Google Maps darstellt. Außerhalb der bestehenden Kategorien haben die Juroren das Webradio-Angebot Last.fm nominiert, das den Nutzern ein individuell zugeschnittenes Musikprogramm bietet.

Wie jedes Jahr würdigt der Preis auch die Angebote der deutschen Fernsehsender. So wurde das Internetangebot der ZDF-Kindernachrichten Logo! im Bereich Information nominiert. Grade vor Ende der Nominierungsfrist ging das Ratgeberportal des Privatsenders Sat1 unter dem Namen Hausgemacht.tv online, das Ratgeberfilmen der Sat1-Redaktionen mit Filmen der Nutzer kombiniert.

Den öffentlich-rechtlichen Sendern stellt die Nominierungskommission dennoch ein schlechtes Zeugnis aus: Sie agierten nur zögerlich und übervorsichtig, heißt es im Statement der Jury, die Verantwortung für den Anstoß gesellschaftlicher Debatten werde nicht wahrgenommen. Dabei ziehen die im Online-Bereich aktiven Redaktionen ein positives Fazit ihres Engagements. Sie verstehen ihre Web-Angebote nicht mehr nur als Ergänzung ihres TV-Programms. So sieht die Polylux-Redaktion ihre Website als Möglichkeit, den Kontakt mit dem "Wunsch-Zuschauer" zu halten, der nicht jede Woche zur gleichen Zeit den Fernseher einschalten will. Die Logo!-Redaktion nutzt ihre Webseite auch als Rückkanal, um die zielgruppengerechte Aufbereitung der Themen zu überprüfen.

Das Thema Blogs sieht die Nominierungskommission zwiespältig. Zwar wurden mehrere Weblogs für den Preis nominiert – darunter das Blog des Medienjournalisten Stefan Niggemeier und das Österreich-Weblog der Online-Redaktion der Zeit – insgesamt sieht die Jury aber Zugangsschwierigkeiten für Außenseiter: "Hohe Selbstreferentialität, Insider-Sprache und oft fehlende thematische Strukturierung verlangen vom Leser viel, bisweilen zu viel Durchhaltevermögen", heißt es in einem Statement der Kommission. "Wir zeichnen niemanden dafür aus, dass er nur tolle Texte ins Netz stellt. Man muss das Medium Internet nutzen", erklärt das Kommissionsmitglied Alexander Svensson. Neben Design und Aufbau der Webseiten spielten auch Kontinuität und die Kommunikation mit den Nutzern eine entscheidende Rolle.

Der Grimme-Online-Awards wird am 20. Juni bei einer Gala in der Kölner Vulkanhalle verliehen. Neben den Preisen der Jury wird auch dieses Jahr wieder ein Publikumspreis ausgelobt, bei dem die Internetnutzer über eine Online-Abstimmung ihren Favoriten wählen können. (Torsten Kleinz) / (vbr)