Selbstständig lernen: Die Kunst der Fotografie
Mit Beispielbildern beeindruckender Schönheit und umfangreichen Texten behandelt die "Die Kunst der Fotografie" alle wichtigen Aspekte analoger und digitaler Fototechnik. Dennoch ist es kein Buch für Jedermann.
- Robert Seetzen
(Bild:Â dpunkt.verlag)
In zutiefst digitalen Zeiten gehört schon eine Portion Eigensinn dazu, ein Fotobuch mit ausführlicher Behandlung analoger Aufnahme- und Dunkelkammertechnik zu verfassen. Denn trotz aller Schönheit von Korn und Kontrastumfang eines Negativs spielen Film, Vergrößerer und Laborschale in der Praxis nur noch winzige Nebenrollen.
Dass "Die Kunst der Fotografie" mit ihren gut 100 Seiten zu analogen Themen dennoch keineswegs gestrig wirkt, ist sicher auch den herausragenden Bildbeispielen des Autoren Bruce Barnbaum zu verdanken. Seine Aufnahmen lassen keinen Zweifel aufkommen, dass die Wahl des Mediumw zwar bedeutsam, ein inhaltlich wie technisch fundiertes Herangehen aber ungleich wichtiger ist.
Kein Fastfood
Wer am Wissen und den Überlegungen Barnbaums teilhaben will, muss jedoch echtes Interesse und einige Geduld mitbringen. Wo das Gros anderer populärer Lehrbücher mit kurzen Texten und üppiger Illustration leichte Lektüre verspricht, fordert "Die Kunst der Fotografie" ungleich größere Aufmerksamkeit. Zwar kann man auch hier durchaus entspannt blättern und die fast immer faszinierende Ästhetik von Barnbaums Bildern einfach auf sich wirken lassen. Der tatsächliche Wert des knapp 400 Seiten starken Bands erschließt sich allerdings erst in Verbindung mit den ausführlichen Texten.
Die Kunst der Fotografie (5 Bilder)

Barnbaum behandelt inhaltliche und technische Aspekte der Fotografie zu etwa gleichen Teilen. In beiden Bereichen geht es dabei ganz überwiegend um die Vermittlung grundlegenden Wissens und die Formulierung zentraler Fragen. Konkrete Anleitung für die Praxis spielt nur eine untergeordnete Rolle. Barnbaum will seine Leser offenbar nicht an die Hand nehmen, sondern ihnen statt dessen eine Basis für selbstständiges Entdecken und Arbeiten vermitteln. Das kostet beide Seiten Zeit und Einsatz, führt allerdings zu ungleich wertvolleren Ergebnissen.
Nachgedacht
Dass Barbaum dicke Bretter nicht scheut, wird auch an Kapitelüberschriften wie "Fotografische Techniken und künstlerische Integrität" deutlich. Seine Gedanken vermittelt er dabei nicht auf abstrakte, kompliziert theoretische Weise, sondern im Rahmen praktischer, oftmals persönlicher Beispiele. Das Lesen seiner Texte verlangt Aufmerksamkeit, aber keine Anstrengung.
"Die Kunst der Fotografie" dürfte polarisieren. Das Buch bietet viel Text, vergleichsweise wenige Bilder und keine Schritt für Schritt nachvollziehbaren, reich illustrierten Praxistipps. Wer schnell das Allerwichtigste zum Thema Fotografie erfahren und unmittelbar anwenden will, sollte unbedingt zu anderen Titeln greifen. Wer aber die Fotografie nicht nur erlernen, sondern ihre Möglichkeiten und Grenzen eigenständig erkunden will, wird in Barnbaums Buch einen klugen Ratgeber finden.
Die Kunst der Fotografie
Bruce Barnbaum
dpunkt.verlag
386 Seiten
26 x 26 cm, Hardcover
49,90 Euro (auch als E-Book, ohne DRM)
ISBN: 978-3-89864-816-5
(tho)