Höchstgelegener Supercomputer der Welt gleicht Astronomiedaten ab

In der Höhenluft der Anden hat der ALMA-Korrelator seinen Testlauf bestanden. Jetzt kann er das, was 66 Parabolantennen aus dem tiefen Raum empfangen, kombinieren und abgleichen.

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Von
  • Bernd Behr

In einer 5000 Meter über dem Meeresspiegel gelegenen Bergregion der Anden im Norden Chiles ist mit dem ALMA-Korrelator einer der leistungsstärksten Supercomputer der Welt errichtet und erfolgreich getestet worden.

Es handelt sich um einen Spezialgroßrechner mit über 134 Millionen Prozessoren, der in der Lage ist, bis zu 17 Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde auszuführen. Damit erreicht er eine Geschwindigkeit, die vergleichbar ist mit der des aktuell schnellsten Universalgroßrechners. Mit dem erfolgreichen Test des nunmehr höchstgelegenen Superrechners der Welt haben die Wissenschaftler des Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) einen der wichtigen verbliebenen Meilensteine auf dem Weg zur Fertigstellung des gewaltigen Beobachtungskomplexes erreicht.

Die verstreut errichteten Parabolantennen des ALMA-Projekts in den chilenischen Anden können erst durch den jetzt in Betrieb genommenen Supercomputer effektiv zusammenwirken.

(Bild: ESO/José Francisco Salgado)

Der astronomische Teleskopverbund, zu dessen zentralen Komponenten der neue Korrelator gehört, besteht aus 66 Parabolantennen, die bis zu 16 Kilometer voneinander entfernt stehen und schwächste Signale aus dem Kosmos auffangen. Die 134 Millionen Prozessoren des Korrelators kombinieren und vergleichen kontinuierlich diese Signale. Die Daten von jeder einzelnen Antenne müssen mit denen einer jeden anderen abgeglichen werden. Dadurch ist es möglich, die verschiedenen Antennenschüsseln wie ein einziges großes Teleskop zusammenarbeiten zu lassen.

"Diese einzigartige rechentechnische Herausforderung erforderte ein innovatives Design, sowohl was die einzelnen Komponenten als auch was die gesamte Architektur des Korrelators angeht", erläutert Wolfgang Wild, der europäische ALMA-Projektmanager bei der Europäischen Südsternwarte (ESO).

Das grundlegende Design des Korrelators oblag ebenso wie sein Bau und seine Einrichtung dem US-amerikanischen National Radio Astronomy Observatory (NRAO), dem führenden nordamerikanischen ALMA-Partner. Das Korrelator-Projekt wurde von der US-amerikanischen National Science Foundation und zusätzlichen Beiträgen von der ESO finanziert.

Als europäischer Partner bei ALMA hat die ESO einen wichtigen Bestandteil zum Korrelator beigesteuert: Ein in Europa komplett neu entwickeltes, vielseitiges digitales Filtersystem wurde in das ursprüngliche NRAO-Design eingebaut. Dazu entwickelte die französische Université Bordeaux einen Satz von 550 hochmodernen Digitalfilterplatinen für die ESO.

Mit diesen Filtern kann die Strahlung, die ALMA beobachtet, in 32 mal so viele Wellenlängenbereiche aufgeteilt werden wie zu Beginn vorgesehen. Jeder dieser Bereiche lässt sich dabei präzise einstellen. "Die Flexibilität, die wir dadurch gewonnen haben, ist fantastisch. Wir können den Spektralbereich, in dem ALMA beobachtet, nun in kleine Stücke zerteilen und uns dann auf diejenigen Wellenlängen konzentrieren, die für ein bestimmtes Beobachtungsobjekt benötigt werden. Das können die Signale von Gasmolekülen sein, mit deren Hilfe man eine Sternentstehungsregion kartiert, oder auch einige der am weitesten entfernten Galaxien im Universum", erklärt Alain Baudry von der Université Bordeaux, der Leiter des europäischen ALMA-Korrelator-Teams.

Eine ganz besondere Herausforderung für den Korrelator ist sein außergewöhnlicher Standort im technischen Betriebsgebäude der ALMA Array Operations Site (AOS) – dem höchstgelegenen High-Tech-Gebäude der Welt. In der extremen Höhe des Gebirges ist die Luft so dünn, dass ein doppelt so starker Luftstrom wie sonst benötigt wird, um die Anlage zu kühlen.

Bei derart niedrigem Luftdruck kann man keine herkömmlichen Festplatten verwenden: Deren Schreib- und Leseköpfe benötigen ein Luftpolster, um ein Aufsetzen auf den Drehscheiben zu verhindern. Hinzu kommt, dass der ALMA-Standort häufig von seismischer Aktivität betroffen ist, sodass der Korrelator so konstruiert werden musste, dass er die Vibrationen aushält.

ALMA hat bereits im Jahr 2011 erste wissenschaftliche Beobachtungen mit einem Teil der Antennen aufgenommen. Dabei kam bereits ein Teil des Korrelators zum Einsatz. Erst jetzt ist das System jedoch vollständig. Im März 2013 soll der Komplex offiziell eingeweiht werden. (bb)