"Wagniskapitalist" Léo Apotheker: mit der Sammelbüchse durch London

Als HP-Chef war Léo Apotheker für einen milliardenschweren Firmenfehlkauf verantwortlich. Das hindert ihn heute aber nicht daran, bei kapitalkräftigen Investoren anzuklopfen, um Geld für Firmenbeteiligungen einzusammeln. Wenn das Wort "Wagniskapital“ eine Bedeutung hat, dann hier.

vorlesen Druckansicht 6 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

"Wagniskapitalist" Léo Apotheker

(Bild: HP)

Lieber Léo Apotheker,

jetzt ist es auch schon wieder über ein Jahr her, dass Sie bei HP rausgeflogen sind – oh pardon, ich meine natürlich, dass Sie das Unternehmen im gegenseitigen Einverständnis verlassen haben. Wie die Zeit vergeht! Vielleicht sind Sie heute ja ganz froh, dass alles so gekommen ist. Denn mal Hand aufs Herz: Würden Sie gerne mit Ihrer Nachfolgerin bei HP, Meg Whitman, tauschen? Das kann ich mir kaum vorstellen. Denn wenn es in der IT-Branche momentan einen Job gibt, der die Bezeichnung "Herausforderung" wirklich verdient, dann zweifellos der von Frau Whitman. HP – das ist ja die Abkürzung für "Heftigste Probleme“. Nicht alle dieser Probleme, lieber Herr Apotheker, gehen auf Ihre Amtszeit bei HP zurück – dafür war Ihre Verweildauer einfach zu kurz –, aber eines müssen Sie sich ankreiden lassen: Das Autonomy-Debakel.

Ich denke nicht, dass ich hier wortreich auf diesen Fall eingehen muss, es ist ja viel über diese gigantische Fehlinvestition geschrieben worden, die bei Hewlett-Packard einen Abschreibungsbedarf von fast neun Milliarden Dollar nötig machte. Darüber herrscht allerorten Fassungslosigkeit, auch bei Ihnen selbst, lieber Herr Apotheker, wie zu lesen war. Doch man kann es drehen und wenden, wie man will, aus dieser Nummer kommen Sie nicht raus. Denn als CEO von HP waren Sie damals verantwortlich für die Autonomy-Übernahme, sie haben Sie gewollt und sich dafür auch gegen Widerstände stark gemacht. Kurz und gut: Sie haben es verbockt. Ganz sicher nicht Sie alleine, aber hey, sind Sie einer von denen, die Erfolge immer sich selber zuschreiben und bei denen für Flops und Fehler grundsätzlich andere verantwortlich sind?

Vor diesem Hintergrund musste ich doch schmunzeln über das, was ich vor ein paar Tagen über Sie gelesen hatte. In der aktuellen Ausgabe des Manager-Magazins (1/2013, Seite 154), in der beliebten Rubrik "Was macht eigentlich…?", ist zu lesen, dass Sie jetzt in London wohnen und sich dort "mit Finanziers und Fondsexperten" treffen, "um Wagniskapital für europäische IT-Start-ups einzuwerben". Lieber Herr Apotheker, "WAGNIS-Kapital“ ist in diesem Zusammenhang absolut der richtige Ausdruck. Denn wer Ihnen nach Ihrem Griff ins Klo mit dem Autonomy-Kauf heute noch Geld anvertraut, welches Sie für die Akquisition von oder die Beteiligung an IT-Firmen nutzen, der MUSS das Risiko lieben. Als Experte für Mergers & Acquisitions haben Sie sich jedenfalls nicht gerade aufgedrängt. Würde mich mal interessieren, wie viele Millionen Sie schon eingesammelt haben.

Aber auch mit den 13 Millionen Dollar (inkl. 2,4 Millionen "Leistungsbonus“), die HP Ihnen im November 2011 als Abfindung überwiesen hat, kann man ja schon etwas anfangen. Ein schönes Startkapital. Und vielleicht ist ja auch noch etwas übrig von den 3,2 Millionen, mit denen SAP Ihnen ein Jahr zuvor den Abschied versüßt hat. Aber mehr Spaß macht es natürlich, das Geld anderer Leute zu verbraten, das ist klar.

Lieber Herr Apotheker, dass Sie noch einmal an operativer Front auftauchen, ist nach Ihren beiden letzten Stationen eher unwahrscheinlich. Das sehen Sie vermutlich auch so. Jedenfalls ist nichts bekannt darüber, dass Sie nachts bei offenem Fenster schlafen, um einen möglichen Ruf aus der Branche nicht zu überhören. Wäre angesichts der momentanen Außentemperaturen ja auch ein bisschen kalt.

Wie auch immer: Fröhliche Weihnachten und einen guten Rutsch in ein tolles und erfolgreiches neues Jahr!

Damian Sicking

Weitere Beiträge von Damian Sicking finden Sie im Speakers Corner auf heise resale ()