US-Aufsicht über private Netzverwaltung soll enden

Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers hat sich dafür ausgesprochen, das im September 2009 auslaufende Joint Project Agreement (JPA) mit den USA nicht mehr zu verlängern. Die ICANN brauche keinen direkten staatlichen Aufpasser mehr.

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Von
  • Monika Ermert

Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) braucht keinen direkten staatlichen Aufpasser mehr. Diese Einschätzung vertritt die private Netzverwaltung in einer heute veröffentlichten Stellungnahme (PDF-Datei) gegenüber der National Telecommunications and Information Administration (NTIA). Wenn der laufende Vertrag zwischen NTIA und ICANN, das sogenannte Joint Project Agreement (JPA), im September 2009 ausläuft, bedürfe es keiner weiteren Verlängerung. Peter Dengate Thrush, Vorsitzender des ICANN-Direktoriums, rief in der Stellungnahme, die der turnusmäßigen Überprüfung der ICANN gemäß dem JPA dient, die Internetgemeinde dazu auf, die US-Verwaltung davon in Kenntnis zu setzen, sollte man das Konzept einer unabhängigen, vollständig privatwirtschaftlich organisierten ICANN unterstützen.

Die vollständige Privatisierung der für die Koordination des Domainnamen und IP-Adresssystems verantwortlichen neuen Organisation war das erklärte Ziel der US-Verwaltung unter Bill Clinton im Jahr 1998. Angestrebt wurde ursprünglich gar eine völlige Privatisierung bis zum Jahr 2000, wie die ICANN in ihrer Stellungnahme schreibt.

Gut neun Jahre, sieben Vertragsverlängerungen und 13 offizielle Statusberichte später, sehen Dengate Thrush, ICANNs Direktoren und das hauptamtliche Büro in Marina del Rey den Zeitpunkt für die Trennung klar für gekommen. Die wesentlichen Vorbedingungen, die man ICANN ursprünglich für die Privatisierung in die Wiege gelegt habe, sind nach Ansicht der ICANN-Spitze inzwischen erfüllt. Die ursprüngliche Monopolsituation im Domaingeschäft wurde aufgebrochen und Wettbewerb zwischen Registraren und danach auch Registries geschaffen. Gegen Markenpiraterie setzte man schon früh den Schlichtungsmechanismus der "Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy" (UDRP).

Neben die zentralen kommerziellen Domainregistries band man durch jeweils hart ausgehandelte Vereinbarungen die verschiedenen, bis dahin frei schwebenden Selbstregulierungsorganisationen wie die IP-Adressregistries, die Länderadressbetreiber – selbst die lange unbotmäßige DENIC eG – und zuletzt auch noch den ersten privaten Betreiber eines der 13 Rootserver in das ICANN-System ein. Daneben kümmerte man sich gerade in den beiden vergangenen Jahren intensiv um Vorkehrungen für die Ausfallsicherheit, um mehr Transparenz bei der Budget- und Geschäfts- und Strategieplanung und um stabile Einkommensquellen. Auf rund 50 Millionen US-Dollar ist das Nettoeinkommen gewachsen, rund 41 Millionen davon gibt die Organisation laut dem laufenden Budget wieder aus und hat so Spielraum, Reserven zu bilden.

Der vielfach gegen internationale Kritik verlängerte Vertrag mit der US-Regierung war in den Gründungs- und Aufbaujahren notwendig, schreibt ICANN heute. "Heute aber trägt das JPA zu dem Missverständnis bei, dass das DNS-Tagesgeschäft von der US-Regierung gelenkt und beaufsichtigt wird," warnt ICANN in der Stellungnahme. "Eine Beendigung des JPA wird langfristig für Stabilität und Sicherheit für ein funktionierendes Modell bringen."

Allerdings würde man vergessen, dass die nationalen Sicherheitspolitiker spätestens seit dem 11. September 2001 auf dem Vormarsch sind, würde man tatsächlich an eine allumfassende Privatisierung des DNS-Management glauben. So verweist ICANN auch darauf, dass von einem möglichen Ende der US-Aufsicht über ICANN die Aufsicht über Veränderungen in der Rootzone unberührt bleiben: diese hat die US-Administration in unabhängigen Verträgen mit der Internet Assigned Numbers Authority (IANA), die der ICANN eingegliedert wurde, und A-Rootserver-Betreiber VeriSign geregelt. Die US-Regierung bleibt damit im ICANN-Regierungsbeirat in jedem Fall eine privilegierte Partei. (Monika Ermert) / (pmz)