Grüne und FDP fordern Nachbesserungen beim Telemediengesetz

Die beiden Oppositionsparteien machen sich unter anderem für einen besseren Verbraucherschutz, eine Einschränkung staatlicher Zugriffsmöglichkeiten auf Nutzerdaten sowie Klarheit bei der Haftung für Inhalte stark.

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Die Grünen und die FDP im Bundestag haben die große Koalition an ihr Vorhaben erinnert, das aufgrund von EU-Vorgaben im Januar unter Zeitdruck verabschiedete Telemediengesetz (TMG) rasch einer gründlichen Novelle zu unterziehen. Beide Oppositionsparteien haben dazu Anträge im Parlament eingebracht, mit denen sie sich für umfangreiche Nachbesserungen an der Neuordnung der Rechtsgrundlagen für digitalen Mediendienste stark machen. Die Ausrichtung der jeweiligen Forderungskataloge ist aber unterschiedlich. Während die Grünen unter anderem auf einen besseren Verbraucherschutz, eine Verschärfung der Spam-Klausel sowie eine Einschränkung staatlicher Zugriffsmöglichkeiten auf Nutzerdaten pochen, rufen die Liberalen vor allem nach Klarstellungen bei den Haftungsregeln für Internetprovider.

Im Antrag der Grünen (PDF-Datei) heißt es, dass mit dem TMG in seiner jetzigen Form auf dem Weg zur Modernisierung des Internetrechts lediglich eine Teilstrecke zurückgelegt werde. Das Gesetz weise "erhebliche Defizite" auf und enthalte "praxisferne und fragwürdige Regelungen", welche die vorhandenen Rechtsunsicherheiten nicht beheben würden. So hätten es die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen etwa versäumt, überhaupt eine Definition des Begriffs "Telemedien" in das Gesetz aufzunehmen. Es herrsche weiterhin Unklarheit darüber, welche Dienste dem Rundfunk und welche den Telemedien zuzuordnen seien. Ebenso werde bei der Unterscheidung zwischen Telemedien und Rundfunk die EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste ignoriert, die zwischen den linearen und non-linearen Angeboten bewegter Bilder unterscheide.

Auch der Datenschutz weise "erhebliche Mängel" auf, knüpfen die Grünen an die Ergebnisse einer parlamentarischen Anhörung an. So müsse endlich der weit verbreiteten Praxis Einhalt geboten werden, bestimmte Dienste erst nach Eingabe umfassender persönlicher Daten oder nach Einwilligung in die Zusendung von Werbemails nutzen zu dürfen. Bedenklich sei zudem die Regelung, mit der Sicherheitsbehörden bereits zur vorbeugenden Gefahrenabwehr auf persönliche Daten zugreifen dürfen. Die damit ermöglichte "unbegrenzte Verwendung von Bestandsdaten" stoße auf durchgreifende datenschutzrechtliche Vorbehalte, zumal sie keine Voraussetzungen an die Herausgabe der Informationen knüpfe und eine richterliche Kontrolle fehle. Im Haftungsbereich seien ebenfalls viele Fragen offen.

Konkret verlangen die Grünen, dass das Zusenden von kommerzieller Werbung, die der Empfänger nicht ausdrücklich verlangt hat, als Ordnungswidrigkeit geahndet werden müsse. Für zugesandte Werbemails will die Fraktion eine eingängige Kennzeichnung in der Betreffzeile vorschreiben. Als Aufsichtsbehörde soll die Bundesnetzagentur benannt werden. Die Abgeordneten plädieren zudem dafür, die Koppelung einer Nutzung von Diensten und die Preisgabe persönlicher Daten sowie die Zustimmung zur Zusendung von Werbemails uneingeschränkt zu verbieten. Die Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch die Weitergabe von Bestandsdaten an die Sicherheitsbehörden seien teilweise zu streichen und der Einbezug von "Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum" zu überprüfen. Suchmaschinen-Anbieter und die Betreiber von Meinungsforen im Netz sollten keine vorauseilenden Überwachungspflichten im Hinblick auf die veröffentlichten Inhalte haben. Eine Unterlassungs- oder Beseitigungspflicht sei erst dann anzuerkennen, wenn der Anbieter von einer Rechtsverletzung aufgrund der veröffentlichten Inhalte erfährt.

Bei diesem zuletzt angeführten Punkt ergeben sich Anknüpfungspunkte an den Antrag der FDP-Fraktion (PDF-Datei). Den Liberalen geht es vor allem darum, dass die Anbieter von Inhalten oder die Betreiber von Plattformen nicht in eine Zwickmühle zwischen eventuellen Haftungsansprüchen Dritter und der Gefahr von Schadensersatzforderungen durch die Kunden gebracht werden. Es müsse deutlich werden, wie die nach Ansicht der Liberalen geforderte ständige Überwachung von unzähligen Fremdinhalten tatsächlich möglich sein soll und welche Sanktionen im Endeffekt drohen. Haftung und Verantwortung sollten möglichst dem Verursacher zugeordnet werden, nicht dem Host-Provider oder Suchmaschinen-Betreiber. Um zu klären, wer Inhaber der Rechte ist, müsse ein formalisiertes Verfahren eingerichtet werden.

Wie die Grünen sieht die FDP Nachbesserungsbedarf bei der Abgrenzung unterschiedlicher digitaler Medienformen. Überdies müsse der Rahmen für die allgemeinen Informationspflichten "sachgerecht" gezogen werden. Private Homepages, Weblogs, Meinungsforen oder Chats, Shareware und Open-Access-Angebote dürften nicht mit überzogenen Anforderungen belastet werden. Ansonsten sei eine indirekte Diskriminierung bestimmter Technologien zu befürchten. Deutlich zurückhaltender als die Grünen geben sich die Liberalen beim Thema Spam. Statt symbolischer Gesetzesverschärfungen solle die Regierung "wegweisende kooperative Maßnahmen von Industrie, Verbraucherzentralen und Verbänden" unterstützen. (Stefan Krempl) / (jk)