Manning-Prozess: US-Armee will neue Beweise vorlegen

Der Auftakt des Hauptverfahrens gegen den Wikileaks-Whistleblower wird verschoben. Die Anklage will neue Beweise einbringen, die zum Teil aus dem Versteck von Osama Bin Laden stammen sollen.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Eröffnung des Hauptverfahrens im Militärprozess gegen den US-Gefreiten Bradley Manning wird vom 6. März auf den 3. Juni verschoben. Die Ankläger wollen noch neue Beweise einbringen, die belegen sollen, dass die Terror-Organisation Al-Qaida von Manning geleakte US-Botschaftsdepeschen nutzte. Die neuen Dokumente sollen das Argument der Verteidigung entkräften, Manning habe als Whistleblower nur Material verbreitet, das niemanden geschadet habe.

Wie die New York Times berichtet, will die US-Armee die neuen Beweise während der Erstürmung von Osama Bin Ladens Versteck in Pakistan gefunden haben. Demnach habe Bin Laden von seinen Leuten einige der von Wikileaks veröffentlichen US-Botschaftsdepeschen zur Situation in Afghanistan und Pakistan erbeten und diese auch erhalten. Somit könnten die Dokumente eine Rolle bei Al-Qaida-Anschlägen gespielt haben.

Darüber hinaus will die Anklage außerdem ein Chatprotokoll als Beweismittel in den Prozess einführen, das im März 2010 möglicherweise in einem IRC-Chat mitgeschnitten wurde. Aus dem Protokoll soll hervorgehen, dass es einen direkten Kontakt zwischen Bradley Manning und Wikileaks-Chef Julian Assange gegeben hat. Beide sollen sich im Chat über einen Artikel der New York Times lustig gemacht haben, laut dem Wikileaks vom Pentagon als "feindliche Quelle" eingestuft wird.

Mit der Einführung neuer Beweismittel muss der Militärprozess verschoben werden, weil noch nicht geklärt ist, ob das streng geheime Material aus dem Versteck Bin Ladens in dem Prozess überhaupt verwendet werden darf. Untersuchungsrichterin Denise Lind geht laut dem Bericht der New York Times davon aus, dass der Prozess am 3. Juni beginnen könnte. Er soll insgesamt sechs Wochen dauern.

Für Unruhe in den US-Medien sorgt derweil eine Bemerkung des Anklägers Angel Overgaard. Er bejahte die Frage von Untersuchungsrichterin Lind, ob Manning dieselbe Strafe drohte, wenn er die Dokumente direkt der New York Times statt Wikileaks gegeben hätte. Diese Gleichstellung könnte, wenn sie vom Militär-Gericht akzeptiert wird, dazu führen, dass die US-Presse stärker als bisher zur Verantwortung gezogen wird, wenn sie mit Whistleblowern der US-Armee zusammenarbeitet. (vbr)