Internet-Aktivist Aaron Swartz ist tot

Im Alter von 26 Jahren hat sich der Programmierer und Internet-Aktivist Aaron Swartz in seiner New Yorker Wohnung das Leben genommen. Swartz litt unter Depressionen und fürchtete sich vor einem Prozess, der in wenigen Wochen beginnen sollte.

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Von
  • Detlef Borchers

Der Programmierer und Internet-Aktivist Aaron Swartz ist tot. Dies meldet die MIT-Publikation "The Tech" unter Berufung unter anderem auf einen Angehörigen der Familie. Swartz litt unter einer Depression und fürchtete sich vor einem Prozess, der in wenigen Wochen beginnen sollte. Sein Tod wird von seinen Mitstreitern als Fanal gegen eine überharte Verfolgung von Netz-Aktivisten durch die US-Regierung gesehen.

Im Alter von 14 Jahren wurde Aaron Swartz durch seine Arbeit an RSS bekannt. Er gehörte zu den Entwicklern von Reddit und verdiente an dem Verkauf ein kleines Vermögen. Dies setzte ihn in die Lage, einer Vielfalt von Internet-Aktivitäten nachzugehen, die sich allesamt um die Frage der Informationsfreiheit und des freien Informationsflusses drehten. So entwickelte er das Ressource Description Framework und half dem Internet-Juristen Larry Lessig bei der technischen Realisierung von Creative Commons-Lizenzen. Swartz gründete und finanzierte die Aktionsplattform Demand Progress und unterstützte als technischer Berater das Open Library-Projekt. Zuletzt engagierte er sich im Kampf gegen ACTA und SOPA.

Zu seinen bekanntesten Aktionen gehörte der Versuch im Jahre 2009, mittels einiger Skripte die Dokumente im öffentlich verfügbaren US-amerikanischen PACER-System (Public Access to Court Electronic Records) zu "befreien". Dabei konnte er etwa 20 Prozent des Datenbestandes transferieren, ehe der von Swartz genutzte Zugang geschlossen wurde. Der Vorfall wurde nicht untersucht, weil Swartz keinerlei illegale Aktivitäten nachzuweisen waren. Allerdings geriet Swartz mit der Aktion auf den Radarschirm des FBI, das seine Facebook- und LinkedIn-Aktivitäten überwachen ließ. Dagegen protestierten etliche Bürgerrechtsorganisationen.

Anders sah es bei einer Aktion im Jahre 2011 aus, als Swartz versuchte, wissenschaftliche Artikel des JSTOR-Systems in einer Aktion downzuloaden. Weil Swartz sich dabei einen unerlaubten Zugang zum MIT-Netzwerk beschaffte, wurde er angeklagt, obwohl er sich mit JSTOR als geschädigter Partei gütlich einigen konnte. Wenige Monate nach dem Vorfall wurde die JSTOR-Bestände öffentlich zugänglich gemacht, es folgte der umstrittene Vorwurf, Swartz würde einen illegalen Datenhandel mit den Dokumenten betreiben. Dennoch wurde ein Verfahren gegen Swartz in 13 Klagepunkten eröffnet, die insgesamt eine Haftstrafe von 35 Jahren zur Folge gehabt hätten. Gegen die von vielen als überhart empfundene Reaktion der Justizbehörden protestierten etliche Gruppen, etwa die Electronic Frontier Foundation. Der Prozess sollte in wenigen Wochen beginnen.

Aaron Swartz litt unter Depressionen und beschäftigte sich in seinen Notizen mit dem Selbstmord als Klage gegen eine Gesellschaft, die keinen Ausweg zulasse. Nach Angabe seines Mentors Larry Lessig soll Swartz zu Weihnachten in guter Stimmung gewesen sein. In seinem sehr emotional geprägten Nachruf auf Swartz macht Lessig die US-Behörden für den Tod des jungen Menschen verantwortlich. Moderater, doch unverkennbar kritisch äußern sich die Angehörigen von Swartz. Für sie ist der Tod von Aaron nicht nur eine persönliche Tragödie, sondern das Produkt eines Rechtssystems, das den Kurs verloren habe. Auch JSTOR als Auslöser der juristischen Nachstellungen betrauert in seiner Stellungnahme den Tod von Swartz. Bewegend ist auch der Nachruf seiner Freundin, von der sich Swartz zuvor getrennt hatte. (keh)