EMI bestätigt Stellenabbau

Das britische Major-Label EMI kündigt eine umfassende Restrukturierung an und will unter anderem mit einem massiven Stellenabbau rund 200 Millionen Pfund jährlich einsparen.

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Das Major-Label EMI hat am heutigen Dienstag eine umfassende Restrukturierung des Musikkonzerns angekündigt und jüngste Berichte über einen anstehenden signifikanten Stellenabbau bestätigt. Im Laufe der kommenden sechs Monate will Guy Hands, Aufsichtsrat des Unternehmens und Chef des EMI-Eigners Terra Firma, mit einer Konzentration der administrativen Bereiche unter einem Dach und weiteren Maßnahmen erhebliche Einsparungen von bis zu 200 Millionen Pfund jährlich erzielen. Im Zuge der Restrukturierung will EMI weltweit zwischen 1500 und 2000 Arbeitsplätze streichen. Die EMI Group beschäftigt derzeit etwa 4800 Menschen. Wie viele davon in Deutschland arbeiten und ob die hiesige Niederlassung von der Restrukturierung betroffen sein wird, wollte eine Sprecherin auf Anfrage nicht sagen.

Die verschiedenen Labels des Konzerns, darunter traditionsreiche Namen wie Blue Note, Capitol, Mute und Virgin, sollen sich künftig auf Entwicklung und Betreuung der Künstler konzentrieren. Darüber hinausgehende Aufgabenbereiche wie Herstellung, Marketing und Vertrieb sollen in einer Einheit zusammengefasst werden. Dadurch sollen doppelte Kapazitäten abgebaut werden. Von der Restrukturierung erhofft sich EMI nach eigenen Angaben mehr Möglichkeiten, in neue Künstler zu investieren und bereits unter Vertrag stehenden Musikern (Beastie Boys, Coldplay, Depeche Mode) neue Einkommensquellen zu erschließen.

Hands will EMI mit den geplanten Maßnahmen zum "innovativsten, künstlerfreundlichsten" Musikunternehmen der Welt formen. Der Investor hatte mit seinem Unternehmen Terra Firma den schwächelnden Musikkonzern im vergangenen Jahr für umgerechnet 3,5 Milliarden Euro übernommen. Ein mit einschlägig erfahrenen Managern und Investoren besetzter Ausschuss hatte anschließend die Geschäfte der Gruppe durchleuchtet und nach einer neuen Strategie gesucht. Die Musikindustrie leidet unter einem fortschreitenden Rückgang des bisherigen Kerngeschäfts mit CDs.

Der wachsende Digitalmarkt kann die Einbußen, für die in der Branche gerne die grassierende Musik-Piraterie verantwortlich gemacht wird, noch nicht kompensieren. Doch sieht man bei EMI das digitale Zeitalter inzwischen nicht mehr nur als Bedrohung des Status Quo. Das Londoner Label war das erste der Majors, die im digitalen Vertrieb auf Kopierschutztechniken verzichtet hat und setzte damit ein Beispiel, dem die anderen drei Branchengrößen inzwischen – mehr oder weniger zögerlich – folgen.

Das bisherige Geschäftsmodell sei nicht mehr haltbar, erklärte ein Sprecher laut der britischen Tageszeitung The Guardian. 85 Prozent der Veröffentlichungen brächten keinen Gewinn und ein knappes Drittel der mit Vorschüssen finanzierten Künstler würde kein Album zustande bringen. Mit Interesse wird beobachtet, wie Hands mit einer Handvoll branchenfremden Managern das Schlachtschiff EMI wieder auf Kurs bringen will.

Branchenkenner fürchten dem Bericht zufolge, dass die neue Politik bei EMI etablierte Künstler verstimmen könnte. Nach der Übernahme durch Terra Firma hatte die Band Radiohead das Label verlassen und das neue Label-Regime als "Elefant im Porzellanladen" bezeichnet. Robbie Williams will sein neues Album nicht abliefern, Kylie Minogue und Coldplay prüfen Berichten zufolge ihre Möglichkeiten. Wohl auch deshalb will sich Hands persönlich mit den Managern einiger prominenter EMI-Künstler treffen und ihnen die Neuausrichtung erklären. (vbr)