Kritik an Plänen der EU-Kommission zur Filterung "gefährlicher Wörter"

Aus der liberalen Fraktion im EU-Parlament kommen Warnungen vor Einschränkungen der Meinungs- und Informationsfreiheit.

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Von
  • Monika Ermert

Der innenpolitische Sprecher der liberalen Fraktion im EU-Parlament, Alexander Alvaro (FDP), warnt vor Einschränkungen der Meinungs- und Informationsfreiheit. Er kritisiert Äußerungen von Justizkommissar Franco Frattini, laut denen er zusammen mit der Privatwirtschaft an einer Strategie arbeite, die auch die Online-Abfrage von "gefährlichen Wörtern" wie zum Beispiel "Bombe", "töten", "Völkermord" oder "Terrorismus" verhindert. Dabei geht es um Suchanfragen und die Sperrung des Zugangs auf derartige Seiten durch Provider. Für Alvara schießt dieser Vorschlag über das Ziel hinaus, terroristische Anschläge in Europa zu verhindern. "Wer im Internet – beruflich oder privat – nach einschlägigen Begriffen sucht, ist kein potenzieller Terrorist."

Wenn die Kommission meine, bei der Suche nach Terroristen auf derartige Maßnahmen zurückgreifen zu müssen, zeige sie nur die eigene Einfallslosigkeit im Kampf gegen den Terrorismus, meint Alvaro und fragt sich, seit wann ein Wort überhaupt "gefährlich sei. Technisch könne er sich nach den bisherigen, recht vagen Ankündigungen nicht vorstellen, wie der EU-Kommissar sich das vorstellt. Skeptisch zur technischen Umsetzung äußerten sich kürzlich auch Vertreter des Eco und des europäischen Providerverbands EuroISPA.

Am sechsten November will die EU-Kommission ihr neues Anti-Terrorprogramm veröffentlichen. Das Maßnahmenpaket soll neben einem Schnellwarnsystem für gestohlenes explosives Material und einer europäischen Variante der Fluggastdatenübertragung auch das von Frattini mehrfach angekündigte Verbot für Bombenbauanleitungen im Internet enthalten.

Es gibt bereits Beispiele, auf die Frattini und die Befürworter von Inhaltsfiltern verweisen könnten. Im Wege der Selbstkontrolle filtern große Suchmaschinenbetreiber in Deutschland die Seiten aus, die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BpjM) auf den Index gesetzt wurden. Seit der Implementierung des so genannten BpjM-Moduls sind so laut Informationen der Organisation Jugendschutz.net 76.000 Fundstellen aus dem deutschen Google-Index verschwunden, die allein zur bekanntesten US-Tasteless-Seite führen.

Die Initiative von Frattini könnte letztlich für eine Wiederauflage der Debatte um Sperrungsverfügungen sorgen, die schon einmal deutschen Gerichten vorlag. Im einstweiligen Verfügungsverfahren hatte damals das Oberverwaltungsgericht Münster einzelne Sperrungen für rechtmäßig erklärt, die Prüfung massenhafter Sperrungen allerdings zurückgestellt. Die Kommission für Jugendmedienschutz hat ein Gutachten zu den technischen und rechtlichen Möglichkeiten von Sperrverfügungen in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse noch ausstehen. (Monika Ermert) / (anw)