Internet-Kommunikation als Anwerbemedium im Dienste Rechtsextremer

Videos von Parteitagen, Fotos von Aufmärschen: Jenaer Forscher beobachten, dass rechte Gruppen die Kommunikationsmöglichkeiten des Internet besonders zielgerichtet nutzen, um junge Leute anzusprechen.

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Von
  • David Kluthe
  • dpa

Überraschend klingt das nicht: Gruppierungen am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums nutzen häufig Kanäle wie Youtube, Facebook oder Twitter, um an junge Menschen heranzukommen. Immerhin handelt es sich dabei ja um die wichtigsten modernen Kommunikationskanäle der heranwachsenden Generation. Vieles laufe auch über eigene Internetseiten, vor allem bei Kameradschaften. Dass rechte Ideologie und Kompetenz in Sachen Internet-Kommunikation einander keineswegs ausschließen, hebt Matthias Quent vom Kompetenzzentrum Rechtsextremismus an der Friedrich-Schiller-Universität Jena hervor. So laden radikale und neonazistische Gruppierungen unterschiedlicher Prägung beispielsweise Videos von Demonstrationen und Parteitagen hoch oder verschicken anonyme Freundschaftseinladungen in sozialen Netzwerken, wie Quent vor dem offiziellen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am morgigen Sonntag (27. Januar) berichtet.

Matthias Quendt, M.A., forscht am Institut für Soziologie der Universität Jena über Rechtsextremismus

(Bild: Friedrich-Schiller-Universität Jena)

Den ersten Kontakt mit solchen Gruppen hätten viele Jugendliche über die Musik. Dabei wüssten sie häufig gar nicht, was sie sich da gerade anhörten, sagt Quent. "Es gibt ein populäres Halbwissen, was verboten und was erlaubt ist." Den Jugendlichen gefalle die Musik mit oft aggressiven, wenig hinterfragten Texten. "Das trägt zur Normalisierung bei", warnt Quent. Früher hätten die Jugendlichen einschlägige CDs auf dem Schulhof getauscht. "Das war auch für Lehrer noch greifbarer", sagte Quent. Heute könne man sich auch verbotene Songs oft problemlos im Internet anhören. "Das hat sich alles sehr beschleunigt und ist sehr unübersichtlich geworden."

Im Internet könnten radikale und extreme Gruppen die Isolation in der Gesellschaft durchbrechen. Bei der Aufklärungsarbeit gebe es noch Verbesserungspotenzial. "Eine sterile Aufklärungskampagne kommt nicht so gut an wie die rebellische Musik der extrem Rechten", sagt Quent. "Ich glaube, man bräuchte innovativere Konzepte und Methoden." Diese müssten die Bedürfnisse und Interessen Jugendlicher noch besser berücksichtigen. (un)