Gutachten: Rundfunkbeitrag ist Steuer

Der Leipziger Verfassungsrechtler Christoph Degenhart wertet die pauschale Haushaltsabgabe zur Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender als verfassungswidrig

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Von
  • Peter Mühlbauer

Seit dem 1. Januar werden Rundfunkgebühren nicht mehr anhand vorhandener Empfangsgeräte, sondern pro Haushalt und Filiale erhoben – egal, ob dort ein Fernseher steht oder nicht. Dabei differenziert man nicht nach dem Einkommen, sondern verlangt die bisherige Fernsehgebühr als Pauschale. Die ermäßigten Gebühren für Haushalte und Büros, in denen lediglich Radios oder Computer stehen, verdreifachen sich dadurch. Trotzdem fallen die GEZ-Fahnder nicht weg, wie die jüngst bekannt gewordene Gebührensatzung (PDF) des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) zeigt.

An den Verwaltungsgerichten erwartet man deshalb nach einem Abgleich der Daten der in "ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice" umbenannten GEZ mit den Einwohnermeldeämtern am 3. März, nach der 849.000 Deutsche erstmals Gebührenbescheide erhalten sollen, Klagen gegen die Umstellung. Zwei Popularklagen beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof laufen bereits jetzt: Eine davon stammt vom Passauer Juristen Ermano Geuer, die andere von der Drogeriemarktkette Rossmann. Beide bekommen nun Schützenhilfe durch ein Gutachten des Leipziger Verfassungsrechtlers Christoph Degenhart, das vom Handelsverband Deutschland (HDE) in Auftrag gegeben wurde.

Degenhart kommt in seiner Analyse des neuen Modells anders als der von ARD und ZDF beauftragte Gutachter Paul Kirchhof zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem geräteunabhängigen Beitrag sehr wohl um eine neue Steuer handelt, zu deren Erlass den Bundesländern die Kompetenz fehlt und der gegen die in Artikel 2 Grundgesetzes geschützte allgemeine Handlungsfreiheit sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 verstößt. Um eine "Vorzugslast" zu sein, müssten die Haushaltspauschale Degenharts Gutachten nach "individuelle oder individualisierbare Vorteile" bringen und nicht lediglich an "Raumeinheiten" gemessen werden. "Allgemeine Vermutungen und Typisierungen" zur Empfangsnutzung reichen seiner Ansicht nach nicht aus. Zudem fehlten Erwägungen dazu, ob Firmen ihren Mitarbeitern an den Arbeitsgeräten überhaupt die Rundfunknutzung erlauben oder ob solche Geräte sogar ganz fehlen. (pem)