Schäubles neue Pläne empören die Opposition

Linke und Grüne werfen dem Bundesinnenminister wegen der geplanten Abschaffung des Abhörschutzes für so genannte Berufsgeheimnisträger "Präventiv-Wahn" vor.

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Der Plan von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, seinen bereits an sich heftig umstrittenen Entwurf für eine Novelle des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (BKA) weiter aufzubohren und den Abhörschutz für so genannte Berufsgeheimnisträger endgültig abzuschaffen, hat bei Linken und Grünen zu empörten Reaktionen geführt. "Wenn nun auch Geistliche, Abgeordnete und Verteidiger abgehört werden sollen, dann ist das ein weiterer Versuch, Bürger- und Freiheitsrechte brutal auszuhebeln", monierte die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth. Der CDU-Politiker nehme bewusst in Kauf, "dass hier elementare Vertrauensverhältnisse zerstört werden". Auch bei Journalisten, Ärzten oder Anwälten würde der ohnehin löchrige Schutz weiter abgebaut, indem selbst die Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Überwachungsmaßnahmen entfalle. Roths Gegenappell: "Kirchen, Anwaltskanzleien, Abgeordnetenbüros, Arztpraxen und Redaktionsräume müssen Schäuble-freie Zonen bleiben."

Für Wolfgang Wieland, Sprecher für innere Sicherheit der Grünen, und seinen rechtspolitischen Kollegen Jerzy Montag zeigt der Vorstoß, wie weit der Innenminister "in seinem Präventiv-Wahn gehen will". Gerade erst habe die große Koalition aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wenigstens Abgeordnete, Strafverteidiger und Seelsorger von der strafprozessualen Telekommunikationsüberwachung ausnehmen müssen. Schon wolle sich Schäuble anderweitig einen "Freibrief" ausstellen. Das Argument des Ministers, dass die Schranken nur bei einer "Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person" fallen sollten, lassen die Parlamentarier nicht gelten: "Darum geht es bei der Terrorbekämpfung immer." Schäuble habe sich "im Windschatten einer groß inszenierten Debatte über die sinnlose Online-Durchsuchung ein ganzes Arsenal an Abgründigkeiten zusammengestellt".

Ein Sprecher des Innenministeriums hat Zeitungsberichte über das Vorhaben Schäubles inzwischen bestätigt. Die Regelung sei "fachlich erforderlich und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden". Petra Pau, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion der Linken, hält dem entgegen: "Das Grundgesetz, auf das sich Bundesinnenminister Schäuble zuweilen beruft, muss eine Fälschung sein." Die geltende Verfassung enthalte noch immer Bürgerrechte, "die zugleich Schutz- und Trutzrechte vor einem allzu begierigen Staat sind". Die Ausnahmen für Berufsgeheimnisträger vor Überwachung seien hoch zu halten, da deren Arbeit "unverzichtbar für eine lebendige Demokratie ist".

Auch die innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Ulla Jelpke, warnte davor, dass Schäuble einmal mehr die "Axt" an die Volksherrschaft setze. "Wanzen in den Büros von Abgeordneten sind aus demokratischer Sicht unvorstellbar. Die Bundesregierung könnte sich damit stets im Voraus über die Absichten der Opposition informieren. Das wäre das permanente Watergate." Gehe es nach Schäubles eigener Logik, hätten schon längst Überwachungseinrichtungen im Bundesinnenministerium installiert werden müssen. Der CDU-Politiker selbst entwickle sich zur "dringlichsten Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung".

Zum aktuellen Stand und der Entwicklung der Debatte um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe:

(Stefan Krempl) (vbr)