Die Fabrik im Keller

Software-Start-ups waren gestern. Jetzt kommen die Hardware-Gründer! Dank billiger Roboter, leistungsstarker Software und 3D-Druckern war es noch nie so einfach, Dinge selber herzustellen. Wird nun jeder sein eigener Fabrikant?

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jens Lubbadeh

Dank neuer Technologien wie dem Billig-Industrieroboter „Baxter“ sowie den immer populärer werdenden 3D-Druckern muss die Herstellung von Gütern nicht mehr in riesigen Fabrikhallen stattfinden, sondern ist auch im heimischen Keller möglich. „Hochwertige Produktionstechnik wird immer einfacher verfügbar“, sagt Alexander Verl, Chef des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart. „Man kann mit ihrer Hilfe leichter als früher Unternehmen gründen, die Dinge herstellen.“ Wie "Technology Review" in seiner neuesten Ausgabe 02/2013 berichtet (am Kiosk oder direkt imHeise Shop zubestellen), könnten nach diesem Prinzip zahllose Mini-Unternehmer in Zukunft individualisierte Produkte am Computer digital designen, Aufträge im Netz akquirieren und die georderten Waren anschließend in Garagen oder Kellern fertigen.

Der Industrieroboter Baxter könnte dabei eine entscheidende Rolle spielen. „Wir stellen teure Produkte mit Maschinen her, aber billige immer noch per Hand“, sagt Baxter-Erfinder Rodney Brooks. „Das ist eigentlich paradox, aber der Grund ist, dass heutige Industrieroboter nicht dafür geeignet sind, mit Menschen direkt zusammenzuarbeiten.“ Weil sie zu gefährlich sind. Brooks ist der Ex-Chef des Artificial Intelligence Laboratory am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und leitet mittlerweile die Firma Rethink Robotics, die Baxter herstellt. Der Roboter soll die Warenproduktion auch in Hochlohn-Gefilden wie den USA wieder attraktiv machen. Er soll manuelle Aufgaben zu Preisen erledigen, die mit Sweatshops in weit entfernten Schwellenländern konkurrieren können. Sprich: zu vier Dollar pro Stunde. Im Moment macht die Herstellung physischer Güter nur noch ein Viertel der amerikanischen Wirtschaftsleistung aus. Doch mittlerweile träumen Politiker in den USA vom „Reshoring“, dem Zurückgewinnen von Jobs, die ins Ausland verlegt wurden – aus Kostengründen.

Baxter arbeitet zwar deutlich langsamer als die rasend schnellen Roboterarme etwa in der Autoindustrie. Dafür aber auch mit deutlich weniger Wucht und sehr viel mehr Rücksicht. Kommt ihm ein Kollege aus Fleisch und Blut zu nahe, bremst er ab oder stoppt sogar ganz. Brooks jedenfalls glaubt an die Ungefährlichkeit seiner Maschine: Für Fotografen hält er schon einmal seinen Kopf zwischen die werkelnden Roboterarme, um zu beweisen, wie akkurat sie stoppen. Daraus ergibt sich ein weiterer Vorteil: Arbeitsabläufe müssen nicht speziell auf den Roboter zugeschnitten werden. Die Anwender sparen sich Integrationskosten, die bei herkömmlichen Industrierobotern „das Drei- bis Fünffache der Kaufsumme betragen“, erklärt Brooks. Baxter kostet zwar immer noch 22000 Dollar, liegt damit aber nur bei einem Viertel der Anschaffungskosten für einen klassischen Fertigungsroboter. Sein Schöpfer ist überzeugt: „Er wird die Produktion von Gütern revolutionieren, weil er so wenig kostet.“

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(jlu)