IBM im Wandel: Fokussiert auf Kunden, mit Partnern in den Mittelstand

IBM kehrt sich grundlegend von seiner produktorientierten Firmenstrategie ab, um stattdessen den individuellen Anforderungen seiner Kunden entgegenzukommen. Auch für Partner soll das Geschäft einfacher werden, denn die braucht IBM im Mittelstand.

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"Das Wachstum liegt auf der Straße", verkündete Martina Koederitz, Vizepräsidentin der Systems Technology Group von IBM, gestern den rund 800 versammelten Vertriebspartnern zur Jahresauftaktveranstaltung in Hamburg. Ganz so einfach dürfte sich das Hardware-Geschäft, für das die Managerin Anfang 2008 die Verantwortung übernommen hatte, indes nicht gestalten. Denn obwohl IBM-Systeme hierzulande bei mittelständischen Unternehmen mit weniger als 1000 Mitarbeitern unterrepräsentiert sind, wie Koederitz betont, ist der Server- und Storage-Markt vielfach von einem reinen Verdrängungswettkampf der Hersteller gekennzeichnet.

Um langfristig erfolgreich zu sein, hat sich IBM jedoch eine radikale Umstrukturierung verordnet, die – wie Martin Jetter, Vorsitzender der Geschäftsführung IBM Deutschland unterstreicht – maßgeblich in Deutschland entwickelt wurde. Die starre Aufteilung nach den verschiedenen Produktgruppen (Brands) weicht einer nach Kundensegmenten und -anforderungen ausgerichteten Unternehmensstruktur. Der Kunde soll IBM künftig als Lösungsanbieter wahrnehmen und nicht nur mit einzelnen Servern, Software und Services konfrontiert werden.

Ein wesentlicher Aspekt der Neuausrichtung ist, dass nicht nur Kunden, sondern auch Vertriebspartner des Herstellers nicht mehr mit einem Heer von Ansprechpartnern bei IBM zurechtkommen müssen. Die Kontaktpflege wandert in die Verantwortung von Account Managern, die sich um den Informationsfluss zwischen Kunde, Partner und Hersteller kümmern. Erklärtes Ziel ist es, die Nähe zum Kunden (Intimacy) – wie auch den Business Partnern – zu vertiefen, um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Diese Botschaft traf bei den Teilnehmern des Partnertreffens in Hamburg auf durchaus offene Ohren. "In der Vergangenheit war die Zusammenarbeit mit IBM mitunter extrem schwierig – allein aufgrund der schier unendlich zahlreichen Ansprechpartner", kommentiert Axel Lüdecke, der als Key Account Manager beim Value Added Distributor Bell Microsystems für das IBM-Geschäft verantwortlich zeichnet. "Für Unternehmen, die neu mit IBM ins Geschäft kommen wollten, war das eine echte Hürde", ergänzt Lüdecke. Diese Hürden in der Zusammenarbeit sollen jetzt der Vergangenheit angehören, verspricht Thomas Henkel, Chef der Business Partner Organisation: "Jeder Partner hat künftig genau einen Ansprechpartner bei IBM."

Davon versprechen sich Hersteller wie auch Channel-Partner eine reibungslosere Abwicklung von Projekten, in denen verschiedene Produkt- und Servicebereiche von IBM involviert sind. "Das ist der richtige Weg", begrüßt Christian Grube, Vertriebsleitung bei der System Competence GmbH, die Neuausrichtung. "Bisher ist es aber vor allem eine Ankündigung, die auch noch entsprechend umgesetzt werden muss", ergänzt Grube in hoffnungsvoller Erwartung.

Derweil konzentriert sich der Hersteller darauf, seine Partner beim Vorstoß in den Mittelstand gezielter zu unterstützen. Die ehemalige SMB-Sparte – nun IBMs General Business unter der Leitung von Geschäftsführer Thomas Fell – gliedert sich in zwei Teile: das Geschäftskundensegment mit Firmen, die im Schnitt mehr als 1000 Mitarbeiter beschäftigen und eine komplexe IT-Umgebung primär durch eigene Fachkräfte betreiben. Daneben fokussiert IBM in der sogenannten Geschäftsstelle Mittelstand kleinere Firmen, die nahezu ausschließlich über Partner betreut werden.

Die Verantwortung dieses Mittelstandsgeschäfts tragen die 6 regionalen IBM-Niederlassungen Nord, Ost, West, Mitte, Südwest und Süd, in denen jeweils die Vertriebs- und Support-Kompetenzen der verschiedenen Brands zusammenlaufen. Die komplette Projektabwicklung – auch die individuelle Preisfindung – werden Brand-übergreifend in den Regionen verantwortet. Ebenso erfolgt die Unterstützung der Partner primär auf lokaler Ebene.

Wie STG-Chefin Koederitz ist auch Channel-Manager Henkel überzeugt, dass Business Partner mit Hardware durchaus gute Wachstumschancen haben. So könne IBM seinen Anteil im Unix-Markt noch "um gut 10 auf 35 Prozent" ausbauen. Den Servern der Serie System i komme eine entscheidende Bedeutung zu. Denn allen Spekulationen zum Trotz werde IBM diese Plattform auch in Zukunft weiter pflegen und ausbauen. Umsatzpotenzial bieten nach Henkels Einschätzung zudem die Speichersysteme wie DS-4000 und DS-8000. Mit dem Modell DS-8000 sei der Hersteller im betreffenden Marktsegment in Deutschland bereits führend, die Umsätze der DS-4000-Systeme hätten im 4. Quartal 2007 aber bereits die der größeren Modelle übertroffen. Darauf wolle IBM aufbauen.

Gut ein Drittel des weltweiten Umsatz verdankt der Hersteller derzeit seinen Business Partnern. Deutlicheres Wachstum im Channel jenseits von 35 Prozent erwartet der Hersteller aber vor allem bei seinen Software-Lösungen. Das Portfolio hat IBM nicht zuletzt durch zahlreiche Akquisitionen – zuletzt beispielsweise Cognos, Solid oder FileNet – kontinuierlich ausgebaut. Rund 13.000 Produkte, die sich auf etwa 600 Familien verteilen, hat der Hersteller aktuell im Programm. "2008 werden circa 60 neue Produkte und über 300 neue Releases durch diese Akquisitionen hinzukommen", kündigt Sebastian Krause, Vizepräsident der IBM Software Group an. Auch den Zukauf weiterer Unternehmen werde IBM im gleichen Tempo wie in den vergangenen Jahren fortsetzen.

Die Bemühungen, eine intensivere Zusammenarbeit mit seinen Partnern zu fördern, wolle IBM aber ebenso stärken, betonte Krause und verwies auf die bereits im Rahmen des Programms "Gemeinsam mit Partnern für Kunden" erzielten Erfolge. Rund 3,5 Millionen Euro an Bonuszahlungen habe der Hersteller an seine Business-Partner ausgeschüttet. Für 2008 hat sich Krause zum Ziele gesetzt, IBM noch attraktiver für Partner zu machen, deren Branchen-Know-how gezielter zu nutzen und die Kooperationen der verschiedenen Partner untereinander zu fördern. (map)