OECD-Beschwerde gegen Hersteller von Überwachungssoftware

Fünf Menschenrechtsgruppen haben bei der OECD Beschwerde gegen Trovicor und die Gamma Group eingelegt. Mit dem Verkauf von Überwachungssoftware an autoritäre Staaten sollen sie gegen OECD-Leitsätze verstoßen haben.

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Fünf Menschenrechtsgruppen haben ihre OECD-Beschwerde gegen eine deutsche und eine britisch-deutsche Firma wegen der Ausfuhr von Überwachungssoftware an autoritäre Staaten erläutert. Software von Trovicor und der Gamma Group sei in solchen Ländern zu Menschenrechtsverletzungen eingesetzt worden, behaupten Privacy International, Reporter ohne Grenzen, das Bahrain Center for Human Rights (BCHR), Bahrain Watch (BW) und das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR). Sie haben demnach Anhaltspunkte dafür, dass Trovicor unter anderem in Bahrain Software wartet, mit der Kommunikationsdaten abgefangen und ausgewertet werden können.

Den Menschenrechtsgruppen zufolge gibt es darüber hinaus Indizien dafür, dass Trovicors Software zusammen mit Trojanern ein noch höheres Maß an Überwachung ermöglicht. Es könnten damit sogar Daten manipuliert werden. Diese Vermutung stützt sich unter anderem auf den Fund des Trojaners FinFisher der Gamma Group auf dem Rechner bahrainischer Oppositioneller.

Von der Beschwerde erhoffen sich die Gruppen eine stärkere Selbstregulierung der beiden Firmen, "da die Regierungen Exporte von Überwachungstechnologie nicht ordentlich überwachen". Ein OECD-Prozess solle die Firmen dazu bringen, ihre Kunden genauer zu prüfen und ihre eigene Rolle zu hinterfragen. Dabei berufen sich die Beschwerdeführer auf OECD-Leitsätze, denen zufolge Unternehmen sich bei Auslandsgeschäften an Menschenrechtsstandards zu halten haben. Dass diese in Bahrain aber nicht eingehalten werden, sei spätestens seit dem Sommer 2011 allgemein bekannt.

Trovicor hat die Anschuldigungen gegenüber der Nachrichtenagentur dpa bereits zurückgewiesen. Das Münchner Unternehmen halte sich an die geltenden Exportbestimmungen und habe noch nie gegen Embargo-Bestimmungen der Niederlassungsorte verstoßen. Auch die Gamma Group habe demzufolge die Vorwürfe von sich gewiesen, an der Überwachung von Aktivisten im Nahen Osten beteiligt gewesen zu sein.

Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, fordert unterdessen, den Handel mit Überwachungstechnik den gleichen Beschränkungen zu unterwerfen, wie die Auslandsgeschäfte mit "traditionellen Rüstungsgütern". Der unregulierte Verkauf von Überwachungstechnik an autoritäre Staaten sei einer der größten Gefahren für die Pressefreiheit und die Menschenrechtsarbeit im Internet.

[Update: 06.02.2012 - 15:40 Uhr] In einer Stellungnahme hat Bahrain Watch inzwischen zwei Darstellungen der Gamma Group widersprochen. Der Konzern hatte unter anderem gemutmaßt, die in Bahrain gefundene Version von FinFisher sei eine alte, möglicherweise gestohlene. Bahrain Watch setzt dem entgegen, dass zwei verschiedene Versionen gefunden wurden, eine aus dem März 2012. Außerdem habe man einen Hinweis darauf, dass es sich bei dem Server in Bahrain nicht, wie von Gamma behauptet, um einen Proxy handele. Ein im Oktober 2012 behobener Bug weise gleichzeitig darauf hin, dass die Software in Bahrain tatsächlich mit Gamma kommuniziere. Aus dieser Beobachtung lasse sich außerdem schließen, dass es eine andauernde Geschäftsbeziehung zwischen Gamma und Bahrain gebe, sonst würde die Software in Bahrain keine Updates mehr empfangen. (mho)