Blender 2.66 animiert mit Bullet-Physik

Die neue Version des Open-Source-3D-Pakets bringt realistischere Flüssigkeitssimulationen, elegantere Modellierwerkzeuge und erleichtert die Bedienung.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Gottfried Hofmann
  • Peter König

Über "Dynamic Topology Sculpting" arbeitet man in Blender solche detaillierten Gesichter direkt aus einem einfachen Würfel heraus.

(Bild: Michalis)

Die Vorschau-Materialien (Matcaps) erscheinen nur in der 3D-Ansicht und werden nicht gerendert.

(Bild: http://wiki.blender.org )

Für die Simulation der Bewegung starrer Körper (Rigid Bodys) bringt das Open-Source-3D-Paket Blender seit vielen Jahren die Bullet Physics Engine mit. Diese wird in der 3D-Industrie viel genutzt und sorgte unter anderem für die einstürzenden Gebäude in Roland Emmerichs Film 2012. Bislang konnte man in Blender darauf aber nur über die integrierte Spiele-Engine zugreifen. Mit Version 2.66 von Blender steht die Physik-Engine auch für den normalen Animations-Workflow zur Verfügung, ähnlich wie bei MoDynamics von Cinema 4D oder Modo Recoil, die ebenfalls auf die Bullet-Physik setzen.

Die virtuellen Bildhauerwerkzeuge von Blender verfeinern Oberflächennetze jetzt automatisch: Über "Dynamic Topology Sculpting" formt man aus einem einfachen Würfel hochkomplexe Objekte wie Gesichter – bisher musste man mit den Standardwerkzeugen zunächst ein genügend feines Basis-Mesh aufbauen, in das man anschließend mit den Scultping-Tools feinere Details einarbeitete. Verglichen damit spart die neue Methode Ressourcen, da zusätzliche Unterteilungen erst bei Bedarf erzeugt werden.

Neu eingeführt wurden mit Version 2.66 sogenannte Matcaps in der 3D-Ansicht. Sie sind den MatCaps von Zbrush nachempfunden und bieten eine Vorschau auf Materialien, in Echtzeit gerendert. Sie vermitteln einen plastischeren Eindruck von der Geometrie und eine Vorstellung davon, wie das Modell unter verschiedenen Lichtverhältnissen aussieht.

Ein alternativer Solver sorgt bei der Flüssigkeitssimulation auf Basis von Partikeln für realistischere Ergebnisse. Der bisher genutzte SPH-Solver (Smoothed Particle Hydrodynamics) erzeugt beispielsweise eine übertriebene Oberflächenspannung und ist eher auf Künstler zugeschnitten, die sich nicht mit Details wie SI-Einheiten auseinandersetzen wollen. Nutzer können dem neuen Solver hingegen Flüssigkeits-Eigenschaften wie Dichte im Ruhezustand, Viskosität und Steifheit physikalisch realistisch über SI-Einheiten vorgeben und damit etwa Wasser oder Honig simulieren. Da der neue Solver auf früheren Entwicklungen zu SPH aufbaut, findet er sich unter der Bezeichnung "Classical" in den Partikel-Physik-Optionen. Ein Mesher für die Partikel existiert noch nicht, sodass Blender aktuell noch keine Oberfläche für die Flüssigkeit aus der Simulation errechnet.

Blenders integrierte Path Tracing Render Engine Cycles unterstützt nun auch direkt die Darstellung von von Haaren, Borsten oder sonstigen Strängen (Strands). Die Funktion ist aber noch als experimentell gekennzeichnet – das bedeutet, dass sich Bedienung und Funktionsumfang noch ändern können. In Version 2.65 bekam Blender den Lapliacian Smooth Modifier hinzugefügt, um Rauschen aus in 3D gescannten Meshes zu eliminieren. Jetzt kann er auch genutzt werden, um Formen hervorzuheben und realistische 3D-Modelle auf einfache Weise in plastische Karikaturen zu verwandeln.

Der Lapliacian Smooth Modifier von Blender 2.66 hebt Formen hervor und erzeugt so 3D-Karikaturen.

(Bild: http://wiki.blender.org)

Version 2.66 verbessert Blender auch an der Bedienoberfläche: Objekte lassen sich jetzt mit den vom Desktop bekannten Tastenkürzeln Strg+C und Strg+V kopieren und einfügen. Ausgewählte Menüs und Paletten lassen sich transparent schalten und vergrößern die sichtbare Arbeitsfläche. Die Mac-Version berücksichtigt das hochauflösende Retina-Display aktueller MacBooks automatisch.

Teile der Bedienoberfläche von Blender lassen sich transparent schalten und vergrößern die sichtbare Arbeitsfläche.

(Bild: http://wiki.blender.org)

Noch eine Funktion wurde umgearbeitet, die in der Vergangenheit viele Blender-Anwender ärgerte: Bisher speicherte die Software bei Änderungen der Konfiguration die aktuelle Szene als Standard-Szene. Das führte dazu, dass neue Dateien nicht mehr leer angelegt wurden, sondern die Objekte und Fensterkonfiguration enthielt, die man beim Speichern gerade geöffnet hatte. Mit Blender 2.66 sind nun Konfiguration und Standard-Szene endlich getrennt, sodass man Software-Einstellungen ändern kann, ohne zuvor eine leere Szene laden zu müssen.

Neben diesen Neuheiten haben die Entwickler nach eigenen Angaben zusätzlich 250 Programmfehler gegenüber Version 2.65 behoben. Blender läuft unter Windows, Mac OS X und Linux sowie FreeBSD und steht in Version 2.66 zum Download bereit.

Siehe dazu auch:

  • Blender im heise Software-Verzeichnis

(pek)