Lizenzstreit überschattet deutsches Datenportal

Noch im Februar soll die Plattform "GovData" für den Probebetrieb freigeschaltet werden. Die "Open-Data-Community" beklagt, dass eine der beiden möglichen Lizenzen eine kommerzielle Weiternutzung ausschließt.

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In der vorletzten Februarwoche soll das seit Ende 2010 geplante Online-Portal für offene Verwaltungsdaten unter dem Titel "GovData – das Datenportal für Deutschland" in den Probebetrieb gehen. Nun haben sich die Fronten zwischen Portalbetreibern und Nutzergruppen verhärtet: Vertreter der deutschen "Open-Data-Community" betonen, dass sie die Plattform in der derzeit vorgesehen Form nicht akzeptieren.

Vertreter der Open Knowledge Foudation, von Wikimedia, Creative Commons, Abgeordnetenwatch, der Digitalen Gesellschaft, des Chaos Computer Clubs und anderer Gruppierungen reiben sich vor allem am Lizenzmodell für den Testlauf. Dieses sei weder offen im Sinne der "weltweit anerkannten Standards", noch sei es zeitgemäß oder effektiv. Insbesondere werde es erschwert, die Daten zu verbreiten, weiter zu nutzen und zu verschränken.

Stein des Anstoßes: Zu Beginn der einjährigen Pilotphase soll die vorgesehene "Datenlizenz Deutschland" als vorläufige Version in zwei Varianten bereit stehen. Das Bundesinnenministerium rät zur Variante mit Namensnennung, die gängigen Anforderungen an Offenheit entspreche. Nur in Ausnahmefällen soll nach Angaben des Ressorts die Alternative genutzt werden, die eine kommerzielle Weiterverwendung der Informationen untersagt und so nicht den Open-Data-Kriterien entspricht. Bei jedem einzelnen Datensatz werde eindeutig auf die jeweils gültigen Nutzungsbestimmungen hingewiesen.

Die Verfechter offener Daten befürchten, dass viele Behörden aus Bequemlichkeit die zweite Variante wählen werden. Alle betroffenen Informationen wären gerade nicht offen lizenziert, was eine Kombination mit offenen Daten rechtlich blockierte. Der Staat müsse begründen, warum mit Steuergeldern finanzierte Informationen nicht von allen uneingeschränkt weiterverwendet werdwn dürfen.

Es sei nur konsequent, dass der Begriff "Open Data" aus dem Titel des Portals gestrichen worden sei, meint der "Datenjournalist" Lorenz Matzat. Für Anke Domscheit-Berg von der Piratenpartei ist das ein Zeichen, "wie wenig wir für Open Government von dieser Regierung erwarten können". Bund und Länder verzichteten nicht nur bewusst auf bürgerfreundliche Dienste, sondern verhinderten den von der EU-Kommission prognostizierten großen gesamtwirtschaftlichen Nutzen offener Daten.

"Das Projektziel, langfristig möglichst viele Daten unter offenen Lizenzen bereitzustellen, ist und bleibt unverändert", kontert ein Sprecher des Innenministeriums gegenüber heise online. Die Wahl der Nutzungsbestimmung obliege denen, die Daten bereitstellen. "Unserer Ansicht nach können wir mit dieser zusätzlichen Variante Behörden den Einstieg in Datenbereitstellung erleichtern." Sie ermögliche es den Behörden, sich dem Thema schrittweise zu nähern. Soweit es bereits abschätzbar sei, werde der überwiegende Teil der zunächst verfügbaren Daten unter offenen Lizenzen stehen.

Es gebe eine klare Empfehlung, wie die offenen Nutzungsregeln eingesetzt werden sollen, ergänzt Ina Schieferdecker, technische Projektleiterin beim Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS, das mit dem Aufbau des Prototypen beauftragt ist. Ein "nur offen" gebe es auch bei vergleichbaren Portalen anderer Länder in der Regel nicht. In Großbritannien stünden ebenfalls einzelne Datensätze nur für eingeschränkte Anwendungen zur Verfügung. Dafür gebe es gute Gründe, wenn etwa schon vor einigen Jahren veröffentlichte Geodaten oder Wanderwegekarten regionaler privater Vereine integriert werden sollten. In der ganzen Diskussion werde offenbar Vieles falsch verstanden.

Der Gründer der Plattform Offenes Köln, Marian Steinbach, überlegt derweil, gemeinsam mit anderen Aktivisten ein eigenes "anständiges Angebot für Open-Data-Nutzer" voranzutreiben. Dieses könne auf den elementaren Metadaten des GovData-Portals aufbauen und Elemente einbauen wie die automatische Qualitätskontrolle, das Verfolgen von Änderungen und Benachrichtigungen über Kommentare, die dem Prototypen zumindest vor Kurzem noch gefehlt hätten. Ein solcher Schritt habe zwar keine Auswirkung auf den verfügbaren Datenbestand, zumindest könne der Prozess aber "vernünftig aufgesetzt" werden. (anw)