Smartcard-Workshop: Politik schlägt Technik

Auf ihrer Jahrestagung hat die Smartcard-Branche auf Erfolge wie zum Beispiel die Einführung von NFC verwiesen, aber auch auf Hindernisse aus der Politik.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 28 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Zum 21. Mal hat sich die Smartcard-Branche zu ihrer Jahrestagung in Darmstadt versammelt. Großen Erfolgen etwa wie der Einführung von NFC standen politische Rückschläge gegenüber: Die Ende 2013 anstehende EU-Verordnung über elektronische Identitäten bremst den neuen Personalausweis und De-Mail aus, die Verzögerungen beim deutschen E-Government-Gesetz behindern neue Signaturprodukte.

Achim Hildebrandt, im Bundesinnenministerium für das Referat Ausweiswesen zuständig, verbreitete eine gute Portion Optimismus. Es werde am "Pass 3.0" als neues Projekt für die Zeit ab 2015 gearbeitet, wenn "analoge" Pässe ohne RFID-Chip vom Markt verschwunden sind. Auch seien Veränderungen am neuen Personalausweis (nPA) geplant: Es müsse europäischer gedacht und ein "Bürgerblick" für Anwendungen entwickelt werden, die massenhaft abgenommen werden. Zudem werde die AusweisApp in Ordnung gebracht, von der zum Smartcard-Workshop die Version 1.10 freigegeben wurde.

Detlef Houdeau von Infineon vertrat die Gegenposition zu Hildebrandt: Die EU-Verordnung über elektronische Identitäten sei in der bisher bekannt gewordenen Form ein massiver Rückschlag für die deutsche Industrie. Sie bremse De-Mail aus, weil EU-Bürger sich nicht umstandslos registrieren könnten, wie es die EU-Verordnung verlangt. Auch sei der nPA nicht europakompatibel, weil das Erteilen von Berechtigungszertifikaten den Zugriff auf Datenfelder des nPA ausländische Firmen massiv behindere.

Um Europapolitikern die Ideen hinter den deutschen Standards zu vermitteln, plant die Industrie noch im Februar einen "Lobby-Workshop" zur EU-Verordnung in Brüssel. Das Problem, dass die EU-Verordnung mit ihrer Hebelwirkung deutsche Ansätze "überstimmt", konnte auch von einer Diskussionsrunde nicht kleingeredet werden. Die Hoffnungen liegen auf einer Verordnung für elektronische Identitäten, Signaturen, Dokumente, Zeitstempel und Zustellungssysteme, die Mindestanforderungen setzen, aber Zusätze erlauben.

Nicht überall wird gebremst und gezögert. Das machte Matthias Schwenk von der Bundesdruckerei deutlich. Er berichtete unter anderem von der Arbeit am elektronischen Führerschein. Er soll als NFD-Chip insgesamt 13 Funktionen enthalten, mit der elektronischen Gültigkeitsverlängerung oder der Adressänderung auch Datenfelder für Autovermieter und Autoversicherer besitzen. Auch soll der Führerschein standardmäßig als Schlüssel für das Öffnen von Wagen benutzt werden können, ähnlich wie dies heute schon bei Car Sharing-Systemen gemacht wird.

Das kontaktlose Bezahlen mit NFD-Chips, die in Smartphones eingebaut sind, gehört zu den kommenden Trends, wurde in dem Workshop deutlich. Firmen wie die deutsche Telekom sehen ein neues Ökosystem kommen, in dem Kunden nur noch mit ihrer Telekom-App und einer PIN-Eingabe beim Händler zahlen. Damit liegt der Konzern auf einer Linie mit Vorstellungen, wie sie auch von Teléfonica propagiert werden. Entsprechend eifrig wird an den ISO-14443-Standards gearbeitet, mit denen weitere Szenarien möglich werden. Michael Hegenbarth von der Bundesdruckerei berichtete etwa von der Definition einer Umschaltfunktion, in der ein Smartphone mit NFC einmal als "Karte", das andere Mal als "Kartenleser" operiert. Dies soll die NFC-Kommunikation zwischen zwei Smartphones verbessern, die derzeit nicht immer funktioniert. (anw)