Proteine im Detail

Forscher in den USA und Deutschland arbeiten an neuen Verfahren, die in einigen Jahren einen molekularen Blick auf Eiweißmoleküle im Körper erlauben könnten.

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Von
  • Susan Young

Forscher in den USA und Deutschland arbeiten an neuen Verfahren, die in einigen Jahren einen molekularen Blick auf Eiweißmoleküle im Körper erlauben könnten.

Zwei neue Studien zeigen erstmals Möglichkeiten auf, wie sich die Struktur einzelner Proteine in lebenden Zellen bestimmen lässt. Obwohl die Verfahren noch ganz am Anfang stehen, könnten sie in den nächsten Jahren helfen, Krankheiten besser zu verstehen, bei denen Eiweißstoffe eine zentrale Rolle spielen, hoffen die Forscher.

Physiker in den USA und Deutschland wollen dabei die Magnetresonanztomographie (MRT) einsetzen, um Proteine "bei der Arbeit" zu beobachten. Damit das funktioniert, werden Flocken aus modifiziertem Diamantgestein als Nanodetektoren eingesetzt, die magnetische Felder aufspüren. Die klitzekleinen Sensoren können Strukturen bis hinunter auf einzelne organische Moleküle detektieren. "Nano-MRT" wird die Technik genannt.

"Wenn es möglich wird, Proteinvorgänge auf diesem Niveau zu beobachten, lässt sich herausfinden, was das eigentliche Problem bei entsprechenden Krankheiten ist", sagt Philip Hemmer, Elektroingenieur an der Texas A&M University, der einen Kommentar zu den Arbeiten in "Science" verfasst hat.

Aktuell fehlt es Wissenschaftlern an gut funktionierenden Werkzeugen, um die Molekularstruktur von Eiweißstoffen zu untersuchen. Verfahren aus dem Röntgenbereich können dabei helfen, bestimmte Proteine auf atomarer Ebene zu analysieren, doch dazu müssen viele Kopien des Proteins zunächst auf einer starren Gitterstruktur kristallisiert werden. Das funktioniert aber nicht mit allen Eiweißstoffen gut und kann deren Form verändern.

Konventionelle MRT-Verfahren, die verwendet werden, um in den menschlichen Körper zu schauen, können nur Strukturen ab einer Größe von mehreren Mikrometern darstellen. Die normalen Detektoren sind nicht empfindlich genug, um die Magnetfeldsignale sehr kleiner Elemente zu erkennen. Die Autoren einer der beiden neuen Studien, die vom IBM-Nanoforscher Daniel Rugar geleitet wurde, hatten schon früher Methoden beschrieben, einzelne Moleküle auf Nanoebene zu untersuchen. Doch diese Technik benötigte Tieftemperaturverhältnisse, was Untersuchungen an lebenden Zellen unmöglich machte.

Um eine Methode zu entwickeln, mit der sich einzelne nicht modifizierte Moleküle auch bei Umgebungstemperatur untersuchen lassen, nutzten die Forscher Defekte in manipulierten Diamantflocken aus, die sich dann ähnlich wie kleine Magnetfeldsensoren verhalten. Rugar und ein weiteres Team an der Uni Stuttgart zeigten damit, dass sich so Objekte atomarer Größe bis auf fünf Nanometer hinunter detektieren lassen. Beide Gruppen untersuchten dabei ein Polymer namens PMMA, das Stuttgarter Team schaute sich außerdem Moleküle in Ölen und anderen Flüssigkeiten an.

Friedemann Reinhard, Co-Autor der deutschen Studie, meint, dass die Erkenntnisse ein erster Schritt zur Entwicklung einer neuen Technik sind, mit der sich dreidimensionale Strukturen spezifischer Proteine bestimmen lassen – vielleicht sogar, während sie in einer größeren biologischen Struktur agieren. Solche Untersuchungen könnten Unterschiede zwischen verschiedenen Proteinen erkennen helfen. Krankheiten, die durch problematische Eiweißstoffe ausgelöst oder befördert werden, ließen sich besser diagnostizieren. Die Biologie träumt jedenfalls schon lange davon, die Struktur einzelner Proteine in lebenden Zellen untersuchen zu können. "Das könnte nun endlich möglich werden", sagt Reinhard. (bsc)