Niederlande: Aus fĂĽr Nedap-Wahlcomputer

Die niederländische Innenministerin will die Zulassung der Nedap-Wahlcomputer zurückziehen.

vorlesen Druckansicht 130 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Richard Sietmann
Nach der Vorlage des Berichts einer unabhängigen Untersuchungskommission zur Reform des Wahlverfahrens hat die niederländische Regierung beschlossen, die Verordnungen, auf deren Grundlage die Zulassung der Nedap-Wahlcomputer erfolgte, zu überarbeiten. Als Sofort-Maßnahme will das Innenministerium die Zulassung zurückziehen. Damit dürfen in dem Nachbarland rund 8290 von den Kommunen erworbene oder geleaste Geräte nicht mehr verwendet werden.
Als Reaktion auf den Nedap-Hack Anfang Oktober 2006, sechs Wochen vor den Parlamentswahlen am 22. November, hatte das Innenministerium im Dezember 2006 eine unabhängige Expertenkommission unter der Leitung des ehemaligen Justizministers Korthals Altes eingesetzt, die sich mit der Weiterentwicklung des Wahlrechts und den Risiken der elektronischen Stimmabgabe auseinandersetzen sollte.
Ausgehend von den Grundanforderungen an demokratische Wahlen – genannt werden explizit die Freiheit, Gleichheit, Allgemeinheit, Geheimheit, Integrität, Transparenz und Verifizierbarkeit der Wahl – kommt die Kommission in ihrem jetzt an Innenministerin Anna Theodora Bijleveld-Schouten übergebenen Bericht zu dem Ergebnis, dass die gegenwärtige Generation von Wahlmaschinen diesen Anforderungen an den Wahlprozess nicht genüge. Sie empfiehlt die Beibehaltung der Papierstimmzettel, spricht sich jedoch für computergestützte Ausfüllhilfen sowie Stimmzettel-Scanner zur schnellen Auszählung aus.
Die Einschätzung der beleglos arbeitenden Nedap-Geräte teilt die Innenministerin. Bei der Entgegennahme des Berichts lobte sie die "ausgewogene und sorgfältige Analyse des gesamten Wahlprozesses" durch die Kommission. Sie kündigte jetzt eine Anpassung der Wahlverordnung und Zulassungsverfahren durch die Regierung an, dies könne aber dauern; kurzfristig werde sie die Zulassung der Nedap-Geräte zurückzuziehen. Konkret bedeutet dies 'Zurück auf Los!' und das Aus für Nedap-Wahlcomputer in ihrem Heimatland – bei den nächsten planmäßigen Wahlen, den Wahlen zum Europaparlament 2009, werden die Holländer wohl erst einmal wieder mit Papier und dem roten Bleistift wählen, erklärte die Ministerin.
Zum Thema E-Voting und elektronische Wahlmaschinen siehe auch:
  • Wähler-Selbstkontrolle, Experten ringen um Vertrauen in elektronische Wahlmaschinen, c't 19/07, S. 84
  • US-Wahlmaschinenhersteller soll nicht-zugelassene Geräte vertrieben haben
  • Wählervoten in Ohio lassen sich nachträglich Personen zuordnen
  • Aus fĂĽr die Nedap-Wahlmaschinen in Köln?
  • Aufregung ĂĽber die Entscheidung zu Wahlcomputern in Kalifornien
  • Herber RĂĽckschlag fĂĽr US-Wahlmaschinenhersteller
  • US-Wahlcomputer können keine vertrauenswĂĽrdigen Wahlen garantieren
  • Ergebnisse des größten "Hacker"-Tests fĂĽr US-Wahlmaschinen liegen vor
  • Mängelbericht zu E-Voting-Versuchen in England veröffentlicht
  • ZĂĽrichs e-Voting-Projekt erhält Auszeichnung der Vereinten Nationen
  • Hacker-Test fĂĽr US-Wahlmaschinen
  • Innenministerium hält Wahlcomputer weiterhin fĂĽr "hinreichend manipulationssicher"
  • Widerstand gegen Wahlcomputer in Frankreich
  • Datenschutz fĂĽr Wahlcomputer
  • E-Voting am GroĂźbildschirm
  • E-Voting: Experten wollen unter sich bleiben
  • Estland wählt per Internet
  • US-Regierung benennt offizielle Wahlmaschinen-Testlabors
  • Verfassungsklage gegen Wahlcomputer
  • Gesetzentwurf zu Wahlmaschinen in den USA umstritten
  • E-Voting-Aktivismus, Ein Anlauf zur europaweiten Koordination unter Kritikern von Wahlmaschinen, c't 5/07, S. 42
  • E-Voting ist keine E-Demokratie
  • Wahlmaschinen: Florida rudert zurĂĽck
  • Cottbus verabschiedet sich von Wahlcomputern
  • 23C3: "Das Bundesinnenministerium hat das Wahlrecht gehackt"
  • WahlprĂĽfungsausschuss: Bedenken gegen Wahlcomputer "offensichtlich unbegrĂĽndet"
  • "Eine neue Situation", E-Voting in Deutschland nach dem Wahlmaschinen-Hack , Interview mit Professor Dieter Richter von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, c't 24/06, S. 72
  • Italien stoppt Wahlcomputer-Projekte
  • Demokraten fechten Wahlergebnis in Sarasota (Florida) an
  • Alles legal: Wahleinspruch in Cottbus abgelehnt
  • Wahlcomputer in Florida unterschlagen jede achte Stimme
  • Misstrauen gegen Wahlgeräte: Wahleinspruch in Cottbus
  • Erneut Wahlmaschinen-Debakel in den USA
  • E-Voting: Hamburg fĂĽhrt den digitalen Wahlstift ein
  • Floridas Wahlcomputer fĂĽhren erneut Eigenleben
  • GrĂĽnes Licht in den Niederlanden fĂĽr Nedap-Wahlcomputer
  • SDU-Wahlcomputer von niederländischen Parlamentswahlen ausgeschlossen
  • "Die Nicht-Lösung eines nicht existierenden Problems", Rop Gonggrijp zu den Konsequenzen aus dem Wahlmaschinen-Hack, c't 23/06, S. 36
  • NIST soll US-Wahlmaschinen prĂĽfen
  • CCC kritisiert schwere Mängel bei Wahl in Cottbus
  • Bundestags-Petition gegen Wahlcomputer
  • GroĂźbritannien nimmt neuen Anlauf zum E-Voting
  • Schach dem E-Voting, Hackerteam demonstriert die Manipulierbarkeit von Wahlcomputern, c't 22/06; S. 52
  • PTB will den Wahlcomputer-Hack "aufmerksam und grĂĽndlich" studieren
  • Wahlmaschinen-PrĂĽfer wĂĽrdigen Arbeit der Nedap-Hacker
  • CCC fordert Verbot von Wahlcomputern - Nedap wehrt VorwĂĽrfe ab
  • Niederländische BĂĽrgerinitiative knackt Nedap-Wahlcomputer
  • Erneut Sicherheitsmängel bei Wahlmaschinen nachgewiesen
  • Obskure Demokratie-Maschine, Sind Wahlcomputer manipulationssicher?, c't 20/06, S. 86
  • Niederländische E-Voting-Gegner wollen Widerstand in Europa vernetzen
  • E-Voting: Online wählen mit zertifizierter Sicherheit
  • E-Voting: Nur die letzte Stimme zählt
  • E-Voting: "Allmählich wird es ernst"
  • E-Voting: Ja, aber ..., Bedenken gegen die Wahlcomputer von Nedap, c't 16/06, Seite 54
  • Naive E-Wähler, Rechtliche und technische Probleme bei Wahlcomputern in Deutschland, c't 15/06, Seite 104
  • Der Stift-Kompromiss, Das Hamburger Landeswahlamt propagiert fĂĽrs Voting den digitalen Wahlstift, c't 6/06, S. 90
  • "Der schleichende Verfall der öffentlichen Kontrolle", Der 22C3 diskutiert ĂĽber Wahlen per Internet und E-Voting, c't 2/06, S. 20
  • E -Voting vs. Verfassung, Rechtliche Bedenken bei elektronischen Wahlmaschinen in Deutschland, c't 1/06, S. 80
  • Elektronische Wahlen?, Einige verfassungsrechtliche Fragen, c't 23/05, S. 228
  • Dreimal drĂĽcken – fertig?, E-Voting-GroĂźeinsatz bei der Bundestagswahl, c't 19/05, S. 54
  • Trial and Error, Streit um technische Richtlinien fĂĽr US-Wahlcomputer, c't 17/05, S. 54
  • E-Voting – ein Spiel mit dem Feuer, Elektronische Wahlsysteme bei den US-Präsidentschaftswahlen 2004, c't 23/04, S. 100
  • VerfĂĽhrerischer Charme ..., ... aber die EinfĂĽhrung allgemeiner Online-Wahlen bleibt umstritten, c't 11/01, S. 22
  • Der virtuelle Wähler, Zweifel am Urnengang mittels Internet, c't 8/01, S. 70
  • (Richard Sietmann) /